„Ohne Lauge wären meine Seifen essbar!“ – zu Besuch in der Burger Seifenmanufaktur

Unmittelbar an der Gemarkungsgrenze zwischen Raddusch und Burg liegt in der Ersten Kolonie eine kleine Seifenmanufaktur. (Für Geschichtsbewusste: Es war auch einmal die Grenze zwischen Sachsen und Preußen). Anja Held ist die Seifensiederin, die sich im April vor einem Jahr hier einen Traum erfüllte. Ursprünglich in Teupitz wohnhaft, war sie gemeinsam mit ihrem Ehemann auf der Suche nach Veränderung, beruflich und das Wohnumfeld betreffend. Wie es im Leben so ist, spielt manchmal der Zufall Schicksal: Ein 1875 erbautes Wohnhaus mit Nebengelass war in Burg zu erwerben. „Alles etwas alt und sanierungsbedürftig, aber eine Aufgabe für uns, vermutlich noch für viele Jahre“, blickt Anja Held auf ihren Kauf 2015 zurück. Das Haus am Storchennest bekam einen blauen Anstrich, es macht es etwas auffällig, quasi zum Hingucker. Vorbeifahrende Radler entdecken dann das Schild mit den Öffnungszeiten der Seidenmanufaktur.

Da Anja Held sich auch beruflich verändern wollte, kam sie – wieder eher zufällig – auf die Idee, es mit Seifenherstellung zu probieren. Der Zufall war ein Stück Naturseife, welches der von Hautallergien Geplagten plötzlich Linderung verschaffte. „Wenn ich mir meine Seife selbst herstellen kann und muss, kann ich das auch im größeren Stil für andere tun – und gleich ein Geschäft daraus machen“, waren ihre Gedankengänge damals. Platz war im Nebengebäude vorhanden, eine kleine Seifensiederküche war schnell eingerichtet, die wenigen Zutaten für eine Seifenproduktion zügig beschafft. „Aber ich habe mich in Sachen Genehmigung stark verschätzt: Es ist für den Außenstehenden kaum nachvollziehbar, welche Behörden involviert sind, um einen kleinen Gewerbebetrieb auf die Beine zu stellen!“, sagt Anja Held, zurückblickend auf die Phase des Abwartens und Bangens. Sie konnte aber die Zeit schon produktiv nutzen, für erste Experimente und Praxistests.

Die Seifensiederin verrät gern ein paar Details der Seifenherstellung, ohne auf ihre ganz speziellen kleinen Geheimnisse einzugehen: Ihre Seifen werden im Kaltrührverfahren hergestellt, das heißt, dass die Arbeitstemperatur nicht höher als 37 Grad Celsius sein darf. Durch die niedrige Temperatur bleiben alle wertvollen Inhaltsstoffe der Öle in der Seife erhalten. Als Nächstes werden Natriumhydroxid und kaltes Wasser zu einer Lauge vermengt. (Ohne Chemie/Lauge gibt es schließlich keine Seife!) Die Lauge und deren Dämpfe sind stark ätzend, zusammen mit Wasser entstehen Temperaturen von 100 Grad Celsius – der gefährlichste Teil der Arbeit.
Anja Held verwendet für ihre Seifen ausschließlich Bio-Öle, wie Kokosöl, natives Olivenöl, Rapsöl, Kakaobutter und Rizinusöl. Sobald die Öle und die Lauge die gleiche Temperatur haben, werden sie miteinander vermengt und solange gerührt, bis ein suppenartiger Seifenleim entsteht.
Nach Zugabe von Kräutern und anderen biologisch wertvollen Substanzen kann der Seifenleim in eine Form gegossen werden. Nach einer Ruhezeit von 24 Stunden wird der Seifenblock in Stücke geschnitten, die etwa 4 bis 6 Wochen reifen müssen, damit Wasser und Lauge verdunsten können und die Seifenstücke härter und somit verkaufsfähig werden.

Ihre Kundschaft kauft besonders gern die Gurkenseife. „Die Kunden wissen um die Doppelbedeutung: Gurke ist gut für die Haut, die aus dem Spreewald ist besonders gut!“ Die Nachfrage nach Leinölseife, der die gleiche Wirkung unterstellt wird, muss Anja Held verneinen: „Leinöl wird schnell ranzig, die Seife riecht unangenehm. Hier müsste ich mit Chemie arbeiten – und das will ich nicht!“

In ihrem Shop, den sie auch als Online-Handel unterhält, bietet sie nicht nur Seifen an. In Zusammenarbeit mit der Cottbuser Lebenshilfe e. V. vertreibt sie deren Keramikgefäße für Duftkerzen sowie einige Handarbeitsartikel aus dem Freundeskreis.

Jetzt, im Winter, gibt es weniger Laufkundschaft, dafür gibt es eine steigende Online-Nachfrage nach ihrer Seife. Anja Held mutmaßt: „Das sind bestimmt meine Sommerkunden, deren Seife inzwischen aufgebraucht zu sein scheint und die nun Nachschub ordern. Ein schöneres Lob kann ich mir kaum vorstellen!“

Peter Becker, 10.01.23

Über Peter Becker 359 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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