Überaus üppig blühende Freiflächen vor einigen Wohnblocks in der Vetschauer Neustadt sind derzeit ein Blickfang. Die beiden Wohnungsunternehmen, Wohnbaugesellschaft Vetschau und Vetschauer Wohnungsgenossenschaft, haben sich zusammengetan und Flächen bearbeitet, die für solche Blühwiesen geeignet sind. Nach Fehlversuchen in den Vorjahren, der Trockenheit geschuldet, wurde in diesem Jahr mit professioneller Unterstützung der Lübbenauer Grundstück Service und Pflege GmbH ein Neustart gewagt. Inzwischen blühen Wildblumen in der Heine- und in der Brechtstraße überaus prächtig –Fluginsekten fühlen sich nun auch zwischen den Betonblöcken wohl. Ergänzt wurden die Flächen von Akteuren des NABU-Kreisverbandes Calau mit Insektenhotels und Benjeshecken aus Totholz, die ebenfalls Lebensräume für Insekten darstellen.
In der Anwohnerschaft wird durchaus kontrovers diskutiert. Von „Man müsste doch mal wieder mähen“ bis zu „Noch mehr von solchen Wiesen!“ geht die Diskussion. So mancher denkt, angeregt durch die Diskussion, über den Unterschied zwischen schön und gut nach. „Schön“ sind die raspelkurzen Wiesen vielleicht, „gut“ für die Umwelt sind sie sicher nicht, zumal sie auch das Austrocknen befördern. Es reift langsam die Erkenntnis, dass eine ungemähte, sich selbst überlassene, Wiese vielleicht nicht „schön“ aussieht, aber für die Umwelt deutlich besser ist.
Karsten Ströver von der Wohnbaugesellschaft Vetschau sieht auch noch andere Aspekte: „Wir brauchen dann nur noch zwei-dreimal im Jahr mähen, das spart Kosten und vermindert Abgase und Lärm, anstatt wie bisher sechs- oder siebenmal zu mähen – auch das hilft der Umwelt.“
Die Stadt hatte bereits 2015 ein Konzept zur Begrünung des Stadtgebietes erarbeitet, wie Anke Lehmann vom Bauamt bestätigt: „Es geht um die Artenvielfalt von Flora und Fauna gerade in dem kargen Gebiet zwischen Garagen und Wohnblöcken im Wasserturmviertel. In Abstimmung mit den Eigentümern, den Wohnbaugesellschaften, wird es nach und nach umgesetzt.“
Anwohnerin Christine Kohlstock: „Ich bin von der Blütenpracht derart fasziniert, dass ich nahezu täglich dort verweile. Daheim habe ich aus Pflanzen- und Blütenteilen kleine Kunstwerke geschaffen, ganz ohne Pinsel und Farbe, nur mit dem, was die Natur mir gab.“
Fachlich begleitet werden die Wildblumenwiesen vom NABU-Kreisverband Calau. Es wird erfasst, was besonders gut gedeiht und welche Insekten sich vermehrt dort aufhalten. Gabriele Kühnel: „Wir konnten einen Zuwachs der Artenvielfalt entdecken, sowohl bei den Pflanzen als auch bei den Insekten. Besonders erfreulich: das Wiederauftauchen der Italienischen Schönschrecke, eine der 85 in Deutschland bekannten Heuschrecken. Von ihr gab es um 1990 nur noch Restvorkommen im Cottbuser Umland.“ Mit Kindern des Vereins Freie Jugendhilfe Niederlausitz e.V untersucht sie das Insektenaufkommen auf den Blühflächen und den Wiesen und vermittelt ihnen Kenntnisse über Arten und Anwendungsmöglichkeiten der Wiesenkräuter.
Peter Becker, 28.07.21
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