
Erst Zampern, dann Fastnacht und Wahl – das Spreewalddorf kam nicht zur Ruhe, keine Spur von der sonst üblichen Wochenendruhe und -beschaulichkeit.
Der Zampersamstag
Am 22.02.25 starteten ab der Radduscher Sport- und Kulturscheune über 80 Zamperinnen und Zamperer aller Altersgruppen zum „Eiersammeln“ durchs Dorf. Dieser jahrhundertalte Brauch dient dem Winteraustreiben.

In Gruppen zog der Pulk durchs Dorf. Damit auch die Bewohner der zwei Kilometer entfernten Radduscher Kaupen Gelegenheit bekamen, sich bei den „Winteraustreibern“ zu bedanken, schwang sich eine Gruppe auf einen Einachser, gezogen von Norman Pätzolds „Kramer“-Trecker. Als komfortable Sitzgelegenheit mussten Strohbündel reichen…. Glücklicherweise zog schon ein leichter Hauch von Frühling durch die Landschaft, sodass der Fahrtwind erträglich war.
Bei Uwe und Elke Krüger wurde die obligatorische Annemarie-Polka getanzt. Die beiden hatten etwas Angst um ihre gerade aufsprießenden Schneeglöckchen, aber reihten sich dann in die Tanzrunde ein.

Weitere Stationen waren unter anderem die Radduscher Buschmühle und der Bauernhof Buchan. Dort war gerade eine Schweinschlachtung im Gange, die Zamperer warfen begehrliche Blicke in Richtung Wurstkessel – aber die Gesellschaft war einfach zu früh gekommen … Mit Blick auf die Uhr ging es wieder zurück ins Dorf: der Plan von Stephanie Buchan war akribisch gestrickt, schließlich sollte niemand vergessen oder übersehen werden, denn jede Spende, egal ob Eier, Speck und Raschelgeld wird für die Vereinszwecke gebraucht!
Der Fastnachtssonntag
Diese Fastnacht dürfte eine mit Geschichtspotenzial gewesen sein, denn sie war mit internationaler Beteiligung, die jüngste Trachtenträgerin war gerade mal zehn Monate alt und es fand gleichzeitig die Wahl zum Deutschen Bundestag statt.



























Der Sonntagnachmittag bot für die Radduscherinnen und Radduscher die Gelegenheit, ganz der Tradition entsprechend, sich in bester Gewandung zu zeigen: Die Damen in Festtagstracht, viele mit Haube, die Herren im schwarzen Anzug, mit geschmücktem Hut. Fast alle Damen trugen den perlenbestickten Gürtel – die Radduscher Besonderheit unter den Trachtenträgerinnen der Niederlausitz.
Über 70 Paare, darunter über ein Dutzend Kinderpaare, machten sich nach dem traditionellen Gruppenfoto vor dem Hafenhotel auf den Weg durchs Dorf. Tanzeinlage auf Tanzeinlage folgte in kurzen Abständen. Die damit verbundenen Blockierungen der Dorfstraße nahmen die automobilisierten Sonntagsausflügler gelassen, viele zückten ihr Handy und nutzten die Gelegenheit für seltene Aufnahmen.
Besonders viele Kinder bereicherten den Umzug, manche noch im Kindergartenalter, aber schon perfekt in Tracht mit Haube gekleidet, die Jungen ebenfalls wie ihre Väter im schwarzen Anzug. Man merkte ihnen den Stolz an, bei den Großen dabei zu sein – und das noch ganz vorn, den Umzug anführend! An der Spitze des Zuges eine der wohl allerjüngsten Trachtenträgerin aller Zeiten: Im über einhundert Jahre alten Kinderwagen führten Christopher Moll und Claudia Nickol ihr zehn Monate altes Baby mit. Sie reiht sich damit in die Reihe der unter Einjährigen ein, wie schon in den Jahren zuvor Sarah Hohmann (neun Monate) und Martha Saaro ( drei Monate).
Im Zug dabei war auch der junge Engländer Matt Fisher. Er arbeitet auf dem Radduscher „Alpaka Hof“ und hatte sich vorgenommen, so viel wie möglich Deutschland zu erleben. Seine Chefin Franziska Ast besorgte mit Unterstützung der Familie einen schwarzen Anzug und eine Umzugspartnerin, die in der Person von Hannah Liebig gefunden wurde. Matt war seine Begeisterung anzumerken, er ordnete sich voll in das Umzugsgeschehen ein – bei der Annemarie-Polka musste er sich allerdings sehr konzentrieren.
Am Ende des Tages warteten in der Radduscher Sport- und Kulturscheune einige Dorffrauen mit Kaffee, Kuchen und anderen wärmenden Getränken auf die Umzugsteilnehmer, die noch etwas Zeit vor der Pause brauchten. Über ein Dutzend nutzte nämlich die sich bietende Gelegenheit zur Stimmenabgabe im benachbarten Wahllokal. Stimmenabgabe in Tracht anlässlich einer Wahl dürfte zu den örtlichen Jahrhundertereignissen zählen! Jüngste Wählerin war Sarah-Maria Hohmann, die, obwohl erst 18-jährig, bereits zum zweiten Mal an einer Wahl teilnahm. Ihre Mutter, Stephanie Buchan, die Vorsitzende des Heimat- und Trachtenvereins, nutzte mit ihr gemeinsam diese Gelegenheit.






Peter Becker, 24.02.25
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