Slawische Weihnacht – der etwas andere Weihnachtsmarkt

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Slawische Weihnacht? Kenner der slawischen Geschichte runzeln bei dem Thema erst mal die Stirn, denn Weihnacht hat zuerst einen christlichen Hintergrund. Das Weihnachtsfest, die Weihnacht überhaupt, kam erst mit der Zwangschristianisierung der Slawen durch deutsche Heerscharen vor über tausend Jahren allmählich in die Lausitz und ist erst seit wenigen Jahrhunderten fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Nachfolger der Slawen, der Sorben/Wenden. In diesem Sinne versteht auch der neue Burgbetreiber, David Chmelík, „slawische Weihnachten“: Als etabliertes Begegnungsfest, als Fest des Zusammenkommens, nicht nur der Familien, die sich traditionell an Weihnachten treffen. „Mir ging es um unsere großen slawischen Völker Osteuropas, die ihre reiche Kultur und den Stolz auf ihre Herkunft in der Burg vor unserem Publikum zeigen durften. Und mir ging es um Verständnis und Achtung – und um die Liebe, die alle Menschen verbindet“, blickt David Chmelík auf drei Tage voller Anspannung, aber auch Genugtuung, zurück.

Schon die feierliche Eröffnung am Freitag mit einer Trachtenabordnung war ein Paukenschlag: Das „Slavonic Brass Ensemble“ und der Prager Kinderopernchor gaben in der Burg ein gemeinsames Konzert und trugen ein von Chmelik komponiertes und von ihm dirigiertes Musikstück vor – ein Gänsehautmoment auch für den Burgbetreiber, denn es war eine Premierenaufführung.

Trotz des widrigen Wetters kamen immer zahlreicher die Besucher aufs Burggelände; Eintritt war frei, auch für die Ausstellung. Weihnachtsmarktübliches wurde natürlich ebenfalls von den Besuchern erwartet und war auch vorhanden: Glühwein und Spanferkel, Fisch- und Weihnachtsbaumverkauf, Kinderbasteln und Ponyreiten sowie eine Aufwärmmöglichkeit bei Kaffee und Kuchen im Burg-Bistro – das, was halt einen Weihnachtsmarkt im herkömmlichen Sinne ausmacht. Der länger Verweilende oder gar an allen Tagen Anwesende spürte jedoch auch die Andersartigkeit, denn es ging um mehr: Um Menschlichkeit, darum, dass eine andere, für manche eine fremde, Kultur immer den gleichen Hintergrund hat, nämlich die Sehnsucht nach Liebe, Achtung und Menschlichkeit. Der Auftritt der ukrainischen Tanzgruppe und des ukrainischen Frauenchors macht dies am Sonntag besonders deutlich. „Unsere Männer, Söhne und Brüder leiden an der Front – wir wollen uns hier auf unsere Weise einbringen, für den Frieden singen und Danke unseren deutschen Freunden und slawischen Brüdern und Schwestern sagen“, lautete ihre gesungene und bei den Besuchern unter die Haut gehende Botschaft. Christina Ainslie aus Merseburg standen die Tränen in den Augen, als sie sagte: „Solch eine Darbietungsqualität, solch ein Gesang berührt mich zutiefst, dazu noch die Absage an Unmenschlichkeit und Krieg – ich werde dieses Erlebnis noch lange in mir tragen!“

Alle Tage waren gefüllt mit Konzerthöhepunkten unterschiedlicher Art. Temperamentvoll trugen die mährisch-slowakischen Zymbalmusiker ihre Darbietungen mehrmals vor und erhielten ebenfalls reichlich Beifall. Auch sorbisch-deutsche Ensemble und Künstler brachten sich ein, wie etwa die Crostwitzer Blasmusikanten, das Duo Walburga Walde und Izabela Kaldunska (mit Liedern nach Gedichten von Minna Witkojc). Auf dem umliegenden Burggelände zeigten slawisch Gewandete das Leben der frühen Siedler, ließen sich in die Suppenkessel schauen und erklärten geduldig altes Handwerk und Kleidung.

Neben den inhaltlichen Schwerpunkten galt es auch, die Logistik zu gestalten. Die Prager Chorkinder und andere Künstler kamen im Radduscher Hafenhotel unter, andere nahmen eine weite Anreise in Kauf.

David Chmelik blickt sehr zufrieden auf die drei ereignisreichen Tage zurück: „Wir hatten 3000 Besucher, wir schreiben schwarze Zahlen – was will man mehr! Mein Dank geht an mein Personal, welches sich engagiert eingebracht hat und besonders natürlich an die vielen Besucher. Nach einer besinnlicheren Phase geht es dem nächsten Event entgegen, dem Neujahrsfrühschoppen am 1.1. ab 12 Uhr mit Blasmusik, wozu ich schon heute recht herzlich einlade!“

Peter Becker, 09.12.24

Über Peter Becker 409 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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