
Das Lübbenauer Traditionsunternehmen feiert sein 100-jähriges Bestehen. Die Geschichte des Verarbeitungsbetriebes ist von Frauen geprägt worden.

Der heutige Lübbenauer Stadtteil Stottoff war lange Zeit ein eigenständiges Dorf, es wurde Landwirtschaft betrieben, die Produkte wurden weitestgehend für den Eigenbedarf geerntet und verarbeitet. Die guten Böden um Lübbenau, das für den Gemüseanbau günstige Mikroklima des Spreewalds, ließ Gemüse und hier wiederum die Gurken besonders gut und reichlich wachsen. Die Urgroßmutter der heutigen Geschäftsführerin Cornelia Rosner, Marie Neubert, war früh verwitwet und hatte wohl die Geschäftsidee, die Gurkenverarbeitung als Dienstleistung anzubieten. Das Jahr 1925 war der Beginn einer erfolgreichen Firmengeschichte, die auch 100 Jahre später noch anhält. Was Marie Neubert damals nicht wissen konnte: Die spätere Inhaberlinie sollte weiblich geprägt werden, denn alle nachfolgenden Kindergenerationen waren ausschließlich Töchter. Nur ihr Schwiegersohn Paul Müller (1908 – 1980) bildete da anfangs eine Ausnahme. Sein Name wurde über die Jahrzehnte zum Firmennamen: „Spreewald Müller“ bürgerte sich bei Kundschaft und Lieferanten ein.
In den ersten Jahren wurden die Gurken noch mit dem Kahn angeliefert. Es gab auch anfangs nur ein Verarbeitungsprodukt, die Salz-Dill-Gurke. Diese war sehr lange haltbar, bis in das Frühjahr des Folgejahres. Mit Pferdefuhrwerken wurden die Gurkenfässer zu den Händlern gebracht.
In den DDR-Jahren produzierte „Spreewald Müller“ immer erfolgreicher die begehrten Gurkenkonserven, für sozialistische Verhältnisse zu erfolgreich, sodass der Betrieb 1972 verstaatlicht und dem Golßener Verarbeitungsbetrieb angegliedert wurde. Mit der Wende bestand dann die Möglichkeit, den Betrieb über die Treuhand zurückzukaufen. Dies war aber nur Familienmitgliedern möglich und glücklicherweise gab es noch eine „Müller“: Die zweite Frau von Paul Müller, Erna Müller, kaufte den ursprünglichen Familienbesitz für die Familie zurück – sie war damals bereits 84-jährig!
Paul Müllers Tochter Christa, später verheiratete Bartig, bekam 1959 ihr einziges Kind – die heutige Geschäftsführerin Cornelia Rosner.
Cornelia erlernte in Stendal den Beruf einer „Facharbeiterin für Be- und Verarbeitung pflanzlicher Produkte“, wie es etwas sperrig in der damaligen DDR-Terminologie hieß. Ihren Ehemann Wolfgang Rosner lernte sie beim nachfolgenden Ingenieursstudium in Köthen kennen, mit ihm kehrte sie in den Spreewald zurück.
Wolfgang Rosner war zuerst als Ingenieur im Lübbenauer „Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung für Milchprodukte“ tätig, während Cornelia im elterlichen Betrieb Verantwortung übernahm. Beider Töchter, Angela und Heike, sind heute ebenfalls im Betrieb angestellt, ebenso wie Vater Wolfgang und Schwiegersohn Norman Mewes.
Cornelia Rosner sieht die Firma mit ihren 20 Beschäftigten gut aufgestellt, um alle Kundenbestellungen aus den langjährigen Geschäftsbeziehungen in gewohnt guter Qualität mit den bewährten Rezepturen, eben die „Müllergurken“, zu bedienen. Dennoch gibt es auch Probleme: „Wir haben immer wieder zu tun, Arbeitskräfte für Ausscheidende zu finden, auch sind die Gurkenlieferanten weniger geworden und den Witterungseinflüssen auf die Ernte sind wir wie eh und je ausgeliefert. Ein besonderes Problem ist die Beschaffung von Dill geworden, denn die etwa zehn Tonnen müssen erst mal gefunden und erworben werden“, sagt Geschäftsführerin Cornelia Rosner. Fast alle anderen Gewürze bauen sie noch selbst auf dem zum Firmengelände gehörenden großen Garten an.
Ziemlich entspannt sieht Cornelia Rosner das Vorhandensein von drei weiteren Verarbeitungsbetrieben in Lübbenau: „Ja, wir sind irgendwie im Wettbewerb, aber wir brauchen und helfen uns gelegentlich gegenseitig, etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Transportkapazitäten oder Hilfeleistungen der verschiedensten Art. Glücklicherweise ist die Spreewaldgurke ein sehr begehrtes Produkt, sie lässt uns alle leben!“



Nun scheint auch die weibliche Linie etwas „aufgeweicht“ zu sein, denn die Rosner-Töchter haben inzwischen fünf Kinder – darunter zwei Söhne …. „Schauen wir mal, was die Zukunft bringt“, sagt die heute 66-jährige Firmenchefin im 100. Jahr von „Spreewald Müller“.
Peter Becker, 19.04.25
Hinterlasse jetzt einen Kommentar