
Eine Ausstellung in der Wendischen Kirche Vetschau









In einer Kirche, wie in der Wendischen Kirche Vetschau, dürfte eigentlich reichlich Platz zum Aufhängen vieler Bilder sein. Künstler, die am Beginn ihres Wirkens stehen, hätten da vielleicht Probleme, diesen zu füllen. Anders verhält es sich bei Siegfried Engelmann: Der 85-jährige Vetschauer blickt inzwischen auf sieben Jahrzehnte künstlerischen Schaffens zurück. „Ich habe lange gegrübelt, welche Werke meinen künstlerischen Weg eigentlich am verständlichsten beschreiben“, sagte er bei der Begrüßung der zahlreich erschienenen Gäste. „Meine Auswahl zeigt letztlich die verschiedenen Maltechniken, aber auch Motive, die mir selbst gefallen, weil sie Geschichten erzählen“, erklärt Siegfried Engelmann seine Auswahlkriterien. Enkel Jakob Junhold begleitete die Eröffnung auf seiner Gitarre. Vetschaus Bürgermeister Bengt Kanzler war in seinem Grußwort erwartungsgemäß des Lobes voll, denn er ist stolz darauf, einen solch erfolgreichen Künstler in der Stadt zu haben, dessen nun 9. Ausstellung er in Vetschau eröffnen durfte.
Mit vierzehn stand für den gebürtigen Groß Räschener Siegfried Engelmann einst fest: Er wird nach der Erweiterten Oberschule ein Sportstudium an der Hochschule in Leipzig aufnehmen, um mal Sportlehrer zu werden. Bis zu jenem denkwürdigen Tag im Winter 1954. Bei einem Abfahrtslauf musste er einem gestürzten Sportler plötzlich ausweichen, stürzte dabei selbst schwer und musste monatelang wegen einer Beinverletzung das Bett hüten. An Leistungsport war zukünftig nicht mehr zu denken. „Aus purer Langeweile heraus habe ich angefangen zu zeichnen. Zuerst meine Lieblingsschauspieler, später auch andere Motive. Meine Bilder waren fotografisch exakt, und ich war mächtig stolz darauf. Bis ein hinzugezogener Zeichenlehrer mir deutlich machte, dass dies eigentlich alles ‚Mist sei‘“, erinnert sich Engelmann an die Anfangszeit seiner Malkünste. Glücklicherweise ließ er sich von dieser ersten „Kunstkritik“ nicht beirren, die Malerei sollte ihn lebenslang begleiten. Nach dem Abitur folgte eine Volontärstätigkeit für Bühnenmalerei am Senftenberger Theater. An der Humboldt-Universität schloss er ein Kunst- und Geschichtsstudium ab, was ihn für eine Lehrtätigkeit befähigte, zuletzt an der Brandenburgischen Universität Cottbus.
Engelmann hält sein Werk „Bedrohung des Lebens“, ein Siebdruck, für sein gelungenstes Bild: „Es entstand 2004, noch ganz unter dem Eindruck des Terroranschlags von 2001 auf das World Trade Center und zeigt unsere Verletzlichkeit. Dieses Bild war es auch, welches mir eine Ausstellung in New York ermöglichte, zusammen mit zahlreichen anderen Werken.“ Vor diesem Werk entspann sich manch Dialog zu Maltechnik und Bildaussage. Der Cottbuser Künstler Walter Schönenbröcher zeigte sich sehr begeistert: „Das Bild zeigt unsere ganze Verwundbarkeit, das viele Rot steht für viel verlorenes Blut – ich bin schwer beeindruckt!“
Vor einem anderen Bild, einem aus Engelmanns früher Schaffensperiode, stand eine junge Künstlerin, die gerade ihre ersten Malschritte geht. Janine Herrlich aus Vetschau verlor sich in der Betrachtung des Porträts einer jungen Frau: „Der Lichteinfall, die Lichtwirkung, beeindruckt mich, denn Licht zu malen ist besonders schwer. Ich würde gern mehr über das Porträt wissen wollen ….“ Hier konnte der Künstler höchstselbst die Antwort geben: „Es ist meine Gudrun im Alter von 16 Jahren, meine spätere Ehefrau, mit der ich in wenigen Wochen die Eiserne Hochzeit begehe!“ Für Janine war es ein Glücksmoment der besonderen Art: Sie, selbst gerade 16-jährig, hatte sich zu dem Bildnis einer ebenfalls 16-Jährigen nahezu magisch hingezogen gefühlt.
Die Ausstellung ist noch bis Ende August in der Wendischen Kirche Vetschau zu sehen.
Peter Becker, 08.05.25
Hinterlasse jetzt einen Kommentar