Manfred Kliche sammelt seit 60 Jahren die Radduscher Ortsgeschichte

Ruhestand im Sinne von Ruhe kennt der 75-jährige Radduscher Manfred Kliche nicht. Es ist eher die Unruhe, die ihn antreibt. Er wird auch immer wieder angefragt, von Veranstaltern als Moderator oder Reiseleiter für den Spreewald gebucht, er ist immer präsent, wenn in seinem Heimatdorf Raddusch etwas passiert.

Manfred Kliche wurde 1947 als Sohn eines Maurers und einer Landwirtin geboren, genau in dem Haus, in dem er mit seiner Inge immer noch lebt. Nach der Schule und einer Eisenbahnerlehre ging es mit der Karriere steil auf. Er wurde unmittelbar nach der Facharbeiterprüfung Lehrausbilder und Lehrmeister bei der Deutschen Reichsbahn. Sein Heimatdorf machte ihn mit 21 Jahren zum Bürgermeister, zum jüngsten im damaligen Kreis Calau. Schon nach 1,5 Jahren wurde er zuerst zum Kreis und dann zum Bezirk gerufen. Hier wurde Manfred Kliche Leiter des Justiziariats und absolvierte ein Fernstudium mit dem Abschluss eines Diplomjuristen. Mit der politischen Wende folgten nahtlos weitere Tätigkeiten, gekoppelt mit vielen Lehrgängen und Fortbildungen.

Seine umfangreichen beruflichen Verpflichtungen hielten ihn in keiner Weise von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für sein Dorf ab. „Ich bin förmlich dazu gezwungen worden, und das schon mit 15 Jahren. Mir wurde die gesammelten Materialien des Altbauern August Beesk in die Hand gedrückt, mit der Auflage, daraus eine Dorfchronik zu machen“, erinnert sich Manfred Kliche. Wollte er seine Chronistenpflicht ernst nehmen, dann musste er einfach bei allen Dorffesten und anderen Ereignissen dabei sein. So wuchs er in die Traditionspflege, in das Brauchtum nahezu automatisch hinein. Inzwischen verfügt er über einen enormen Wissensfundus, den er immer öfter nutzbringend anwenden kann – egal ob als Moderator bei den jährlichen Veranstaltungen im Spreewald oder als Publizist zahlreicher Artikel, Kalender und Broschüren oder als Reise- und Gästeführer. Lars Springer von den Spreewaldinsidern für die Manfred Kliche Gäste führt: „Wir sind sehr glücklich, Manfred Kliche mal kennengelernt zu haben. Wir kennen keinen Spreewälder, der seine Region so gut kennt, sie so liebt und mit Herz & Schnauze so unterhaltsam an die Gäste bringt. Nebenbei ist er aber auch für uns ein sehr guter Freund und ein echter Ersatzpapa geworden!“

Manfred Kliche ist nicht nur Chronist, er lebt und pflegt auch die Spreewälder Mundart, die er allein oder mit anderen bei Veranstaltungen zum Besten gibt. Besonders ist ihm die Rolle des legendären Dubkow-Wirts August Konzack auf den Leib geschrieben. Er hat den kauzigen und schlitzohrigen Gastwirt noch persönlich gekannt und kann ihn deshalb heute ausgezeichnet imitieren. Genauso gut gibt er den Gurken-Schulze, den Dorfschulinspektor, den Dorfschmied oder den ABV, damals die örtliche DDR-Polizei vor Ort.

Die Radduscher Heimatstube, deren inhaltliche Ausrichtung, ist wesentlich auf seine Kenntnisse der Ortsgeschichte zurückzuführen. Mit seiner Frau und weiteren ehrenamtlicher Helfern unterstützt er den Heimatverein bei der personellen Besetzung der Heimatstube.

Manfred Kliche war 2018 zum Ehrenamtsempfang des Brandenburger Ministerpräsidenten eingeladen worden. Das dicke Fotoalbum wird nun noch dicker. Er, der Chronist, dokumentiert Familienereignisse ebenso akribisch wie Dorfereignisse. Diese Ehrung durfte er doppelt verbuchen, denn sie gehörte verdienterweise auch in die Dorfchronik.

Peter Becker, 20.01.2023

Über Peter Becker 409 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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