Der etwas andere Weihnachtsbaum – der wendische Drehbaum

Ein Beitrag zur Nachhaltigkeit und zur Traditionspflege in der Spreewaldregion

Im Spreewald und in anderen sorbisch-wendischen Regionen konnte der christliche Weihnachtsbaum nicht so schnell heimisch werden. Das hatte sicherlich auch damit zu tun, dass es im Inneren des Spreewaldes kaum Nadelbäume gab und gibt, zum anderen auch damit, dass christliche Bräuche ohnehin erst seit etwa eintausend Jahren Einzug in das von den Slawen bewohnte Gebiet hielten und der Weihnachtsbaum selbst erst seit wenigen Jahrhunderten „modern“ wurde. Es bedurfte sogar erst einer Preußischen Verordnung von 1910, die den Weihnachtsbaum christlicher Prägung auch im Wendischen einführte und den „Drebom“, wie er mundartlich genannt wurde, ersetzen sollte. Bis dahin nämlich fand man diese an eine Pyramide erzgebirglichen ursprungs erinnernde Konstruktion zur Weihnachtszeit in den wendischen Stuben. Anders als bei der Erzgebirgskonstruktion drehen sich beim Drehbaum die Kerzen mit.

Aus Weidenruten wurde dieser Baum recht kunstvoll in mehreren Etagen gefertigt, die hier ansässigen Korbflechter haben dabei sicherlich auch recht großes Geschick an den Tag gelegt. An der Spitze brachte man Flügel aus dünnem Holz oder auch aus zerschnittenem Weißblech an, das ganze Gestell wurde auf einem spitzen Stab drehbar gelagert. Zwei Dutzend Kerzen trieben die ganze Konstruktion an. Die Etagen versah man mit allerlei Zierrat, Äpfeln und Nüssen, mit Trachtenpüppchen oder Schnitzereien. Das Gestell wurde mit farbigen Papier oder Stoff umwickelt und manchmal auch farbig angemalt. Dieser Brauch geriet die letzten 100 Jahre fast in Vergessenheit, erst jetzt findet er hier und da wieder Einzug in wendischen Stuben. Solche Drehbäume kann man im Heimatmuseum Dissen, im Wendischen Museum Cottbus und im Spremberger Heimatmuseum sehen. Seit wenigen Jahren steht auf der Bühne des Burger Festplatzes ein übergroßer Drehbaum, der allerdings elektrisch angetrieben wird. Bei Dziumblas in Burg, steht ein Drehbaum aus geleimten Holz in der Wohnstube, immerhin 2 Meter hoch. Familie Dziumbla ist sehr auf Traditionspflege bedacht und unterhält eine eigene Trachtenschneiderei mit einer kleinen Ausstellung. An Winterabenden trifft man sich dort auch zur Spinte, ein geselliger Abend mit Handarbeiten wie Spinnen, Nähen und Stricken. In  der gemütlich warmen Stube steht dann auch ein kleinerer Drehbaum, den Dieter Dziumbla vor einigen Jahren bei Lothar Balke in Drebkau gesehen und nachgebaut hatte.

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Peter Becker, 20.12.23

Über Peter Becker 409 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

7 Kommentare

  1. Leider erschließt sich mir aus der Anleitung für den Drebom nicht ganz die Vorgehensweise. Gibt es eine genauere Beschreibung?
    Möchte sehr gerne einen Drehbaum gestalten.
    Herzliche Grüße
    Usube

    • Leider nein, ich habe nur diese eine Anleitung (früher hat man nicht viel aufgeschrieben …) und habe nach ihr den Drehbaum gebaut – und er funktioniert 🙂 s. Foto im Beitrag. Ich denke, dass das hinzubekommen ist, etwas handwerkliches Geschick vorausgesetzt 😉

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