
Erlebt der Holzkahn gerade eine Wiedergeburt? Der Holzkahn traditioneller Bauweise ist sehr beliebt, doch seine Fertigung beherrschen nur noch wenige. Neben dem Aluminiumkahn könnte sich ein nach neuen Technologien gefertigter Holzkahntyp im Spreewald etablieren.








Der 7. Juli 2025 könnte in der Geschichte des Kahnbaus zu einem denkwürdigen Datum werden: Mit Sekt wurde im Straupitzer Kahnhafen ein neuartiger Holzkahn getauft! Er ähnelt nur auf den ersten Blick einem herkömmlichen Kahn. Am ehesten fällt noch die natürliche Farbgebung durch den aufgetragenen Wurzelteer auf, denn das Gefährt hebt sich farblich von den üblichen schwarz geteerten Kähnen ab. Ein genauer Blick verrät mehr: Die Seitenwände bestehen aus fünf Schichten Furnierholz, die unter Vakuum verleimt wurden, wie die beiden bauausführenden Geschäftsführer der Straupitzer „Vollholzschmiede GbR“ den Teilnehmern ihrer Kahntaufe, alles Kahnbauexperten, erklärten. Durch neue Klebetechnologien und moderne Pressen können die Seitenwände schon während der Fertigung in die Endform gebracht werden. „Das ermöglicht ein spannungsfreies Verbauen, eines der wichtigsten Dinge, die beim Kahnbau beachtet werden müssen – es gibt kein Biegen über dem Feuer mehr“, berichtet Marcel Müller. Er ist neben Andreas Zimmer einer der Geschäftsführer des Straupitzer Betriebes, der sich besonders auch der individuellen Möbelanfertigung widmet.
Vor geraumer Zeit hatten sie einen Holzkahn zur Reparatur in ihrer Werkstatt und fachsimpelten eines Tages beim Frühstück, mit welchem Holz die verschlissenen Bohlen ausgetauscht werden könnte. Übliches Holz war zwar vorhanden, aber auch dieses würde irgendwann wieder hinfällig werden. Andreas Zimmer berichtet über die Zeit der Ideenfindung: „Warum nehmen wir nicht von uns selbst hergestellte Furniere, wir haben die Technik und die Technologien …? Lass es uns probieren – und warum bauen wir nicht gleich einen ganzen Kahn daraus? Wir sind noch jung, wir haben Zeit und Geduld und sind sogar bereit, in unsere Idee zu investieren. Wir wagen den ersten Schritt, wir haben den Mut dazu und den Bock darauf, uns treibt die Neugier an.“
Ihr Material hat es in sich: Es vereint neueste Holzbautechnologien aus der Möbel- und Yachtfertigung, es ist aus einheimischen Hölzern gefertigt, kann nahezu beliebig geformt und spannungsfrei verbaut werden, etwas, was beim herkömmlichen Kahnbau sehr schwer umzusetzen ist und sehr viel Erfahrung voraussetzt. Der Vorteil dieses Furnierholzes liegt auch darin, dass es Holzschädlingen oder eindringender Feuchtigkeit viel Widerstand entgegensetzt. Marcel Müller: „Dieses Material ist dem Vollholz zumindest ebenbürtig, es lässt sich ebenso bearbeiten und dürfte lange haltbar sein. Wir haben noch keine Erfahrungen im Praxiseinsatz, aber die werden ja nun folgen.“ Marcel Müller hätte es gern, wenn der Kahn in erfahrene Hände käme und ausgiebig getestet würde: „Nicht nur ein paar Tage, sondern über viele Jahre hinweg. Dem Erwerber unseres ersten Kahns soll daher preislich entgegengekommen werden.“
Keine Kahntaufe ohne Probefahrt: Der Straupitzer Fährmann Norman Muschka durfte als Erster den mit sechs Personen besetzten Kahn zu einer Hafenrundfahrt staken – mehr ging nicht, denn der Wasserstand war zu niedrig, es bestand keine fahrbare Verbindung zu den angrenzenden Fließgewässern. Nach ihm fuhren die eingeladenen Experten ebenfalls eine kleine Hafenrunde. Sie alle waren voll des Lobes und sehen durchaus eine Zukunft für den „Furnierkahn“, wenn die Tests gut verlaufen und auch der TÜV seine Zustimmung erteilt.
Tester und Kahnbauer Wolfgang Gahl aus Lehde: „Sehr interessant, super geformte Seiten, schnittiges Aussehen und gut führbar – das könnte Zukunft haben!“ Auch der Burger Aluminiumkahnbauer Peter Jakubik zeigte sich sehr angetan: „Tolle Idee – und mutige junge Männer, die sich was trauen und in die Zukunft investieren. Solche Leute brauchen wir überall; nicht meckern, sondern machen.“ Die Lübbenauerin Carola Piegert betreibt einen Bootsverleih und ist auch eine passionierte Kahnfährfrau. Sie griff ebenfalls beherzt zum Rudel und drehte mit dem neuen Kahn eine Runde: „Der stakt sich sehr angenehm, er lässt sich gut führen und sieht schick aus – das könnte etwas werden.“
Nun liegt der Kahn erst einmal in Straupitz vertäut. Norman Muschka darf ihn ab sofort nutzen, kann es aber nicht: Wie bereits erwähnt, trocknet das Hafenbecken allmählich aus, etwa 50 Zentimeter Wasser fehlen!

Andreas Zimmer (li.) stößt mit seinem Partner Marcel Müller auf den „Stapellauf“ ihres ersten Furnierkahns an.

Erste Fahrt im Straupitzer Kahnhafen mit Ehrengästen und Experten, vorn im Kahn die beiden Erbauer Marcel Müller (li.) und Andreas Zimmer, gestakt von Norman Muschka.
Mehr über das Projekt des Spreewaldvereins zum Thema Offene Kahnwerkstatt
Peter Becker, 07.07.25
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