20 Jahre Kornspeicher Straupitz

Straupitz hat für einen eigentlich überschaubaren Ort relativ viel zu bieten: Die allseits bekannte Schinkelkirche, eine funktionierende Dreifachmühle – und eben auch den Kornspeicher, in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Houwaldschen Familiengut gelegen.

Beinahe wäre das Speichergebäude verfallen, wenn es nicht engagierte Menschen wie Ingrid Walter und Christine Montag gegeben hätte, die sich für den Erhalt und die touristische Einbindung des Gebäudes einsetzten. Bis 1992 wurde es noch von der Landwirtschaft als Kornspeicher genutzt, danach drohte der Verfall. Nach Jahren des Ringens um Akteure und Fördermittel wurde 2004 das Gebäude umfassend saniert und ist seit dem 24. September 2005 für Besucher zugänglich. Das imposante und irgendwie mittelalterlich anmutende Gebäude zieht die Spreewaldbesucher, zumeist Radtouristen, an. Früheste Hinweise auf das Gebäude beziehen sich auf das Jahr 1781. Es wurde damals für das houwald’sche Gut als Vorratsspeicher und Darre gebaut.

Ein restauriertes Gebäude allein mag noch kein großer Besuchermagnet sein, eine über mehrere Etagen eingerichtete Heimatausstellung schon eher, wobei deren Größenordnung eher einem Museum zugeordnet werden kann! Ein gemütliches Café im nostalgischen Flair rundet den Besuch ab oder verkürzt die Wartezeit auf eine Kahnfahrt im angrenzenden Hafen. Gegenüber befindet sich die „Ollerei“, eine ebenfalls mit privaten Fundstücken bestückte originelle Kneipe.

Geschichtlich interessierte und engagierte Straupitzer gründeten 2004 den Freundeskreis Kornspeicher Straupitz e.V. Sie wurden mit Ideen, aber glücklicherweise auch mit historischer Gerätschaft aus Dachbodenfunden geradezu überhäuft. Hinzu kamen noch zahlreiche Trachtenteile, die möglicherweise irgendwann einmal unweigerlich dem Verfall preisgegeben worden wären. Simone Seeliger vom Verein, eine in Straupitz tätige Ärztin: „Wir verstehen uns als Bewahrer der Tradition, aber nicht nur das: Wir leihen Trachten an die örtliche Tanzgruppe aus, auch, um die Identifikation mit der Geschichte zu befördern. Nicht jede junge Frau hat eine Tracht ererbt, nicht jede kann sich eine neue leisten.“ Simone Seeliger, die wendische Wurzeln hat und am sorbischen Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, sagt zu ihrer Motivation: „Mein Herz gehört der Traditionspflege, der Sprachbewahrung und der Vermittlung von Kenntnissen über den Heimatort und seine wendischen Vorfahren – ich gehe darin auf!“

Der Kornspeicher versteht sich inzwischen als Anlaufstelle für geschichtlich Interessierte, an Einheimische wie Urlauber. Das Sorbische/Wendische spiegelt sich in der Ausstellung wider, etwa in der Hörecke, wo der Besucher den Klang der sorbischen Sprache erleben kann. Neben zahlreichen Trachtenteilen gibt es sorbische Schilder mit Bibelzitaten, die einst die Wohnzimmer der Straupitzer zierten. Es gibt Models für den Blaudruck und es gibt Dokumente, die Straupitzerinnen als „Spreewaldammen“ zeigen. In der Kaiserzeit leisteten sich reiche Berliner Damen Ammen aus dem Spreewald, um ihre Kinder nicht selbst stillen zu müssen, denn den Spreewälderinnen eilte der Ruf einer strotzenden Gesundheit voraus!

Christine Montag (li.) und Ingrid Walter waren viele Jahre im Vereinsvorstand. In Vorbereitung auf das Fest schauen sie sich die Vereinschronik an, die mehrere Ordner umfasst.

20 Jahre erfolgreiches Arbeiten in und an der „touristischen Kulturmeile“, wie es die Straupitzer gern nennen, sollen auch gebührend gefeiert werden. Am 30. August lädt der Freundeskreis Kornspeicher e.V. zum großen Fest ein. Der aktuelle Vorstand mit Petra Jank, Uta Noack und Volker Richter hat für das Kornspeicherjubiläum ein ansprechendes Programm zusammengestellt: Helmut Henneberg wird durch das Programm führen und es spielen die „Posaunen“, auch die E-Geigerin „Electra Violin“ wird auftreten. Weitere Programmpunkte sind in Vorbereitung. Ingrid Walter, die Vorsitzende von 2005 bis 2015, ist immer noch im Verein aktiv: „Wir wollen damit den Straupitzern Dank sagen, ohne deren Unterstützung wären wir nicht da, wo wir heute stehen!“

Peter Becker, 23.08.25

Kurzbericht vom Festgeschehen

Über Peter Becker 464 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf, Spreewaldkenner

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