Usbekistan – ein Land zwischen Sowjeterbe und Marktwirtschaft

Eindrücke von einer „Lebenslust“-Reise im Oktober 2025

Ein erster Besuchereindruck: Taschkent, die Hauptstadt, macht einen sehr sauberen Eindruck, ebenso die bereisten Städte Samarkand, Buchara und Xiva. Die Menschen machen einen zufriedenen Eindruck und wirken irgendwie stolz auf ihre Unabhängigkeit. Sie gehören überwiegend der muslimischen Glaubensgemeinschaft an, die Frauen tragen die muslimische Kleidung, ohne Vollverschleierung. Riesige Moscheen und Minarette überragen die Städte und Ansiedlungen.

Auffällig ist der hohe Anteil junger Menschen an der Bevölkerung, 80 Prozent sollen unter 25 Jahren sein. In den öffentlichen Verkehrsmitteln wird bereitwillig den Älteren Platz angeboten – ihn nicht anzunehmen, gilt als unhöflich. Ebenso wird in aller Regel die Annahme von Trinkgeld in den Gaststätten verweigert. Die Menschen sind stolz, wenn Ausländer sie besuchen, sie begegnen ihnen sehr freundlich und lassen sich gern fotografieren.

Ein zweiter Besuchereindruck: Bei allem Fortschritt im Bauwesen und der Infrastruktur sind doch noch häufig Altlasten aus der Sowjetzeit zu sehen. Marode Straßen, überfordertes Abwassersystem, schlechte Trinkwasserqualität und ein offenes Abwassersystem entlang der Straßen – ohne Abdeckgitter. Für deutsche Baubehörden wäre dies sicher ein Grund, überall Geländer und Warnschilder anzubringen – die Usbeken wissen um die Gefahren, nicht aber der aus dem Bus aussteigende Tourist, dessen Blick erst mal in die Ferne, statt auf den Boden vor ihm schweift! Doch Busfahrer und Reiseleitung werden nicht müde, stets und ständig davor zu warnen.

Im Land überwiegt der Optimismus: „In 35 Jahren Unabhängigkeit haben wir noch nicht alles schaffen können. Wir brauchen noch etwas Zeit!“ Das Land liefert Erdgas in die Nachbarländer, eine Trasse nach China entsteht gerade, die Einnahmen aus dem Export werden nach und nach in die weitere Modernisierung des Landes fließen. Erdgas ist auch das „Benzin“ für die zahlreichen Autos, die zunehmend die Straßen bevölkern, meist aus der im Land produzierten Marke Chevrolet. In Asaka steht das größte Autowerk des Landes. Dort werden praktisch alle in Usbekistan zugelassenen Neuwagen produziert. Die Fabrik wurde 2001 als eine Kooperation des südkoreanischen Autobauers Daewoo und der Staatsfirma Uzavtosanoat gegründet (©Wikipedia).

Ein weiteres Problem ist der Klimawandel: 2025 hat es zuletzt flächendeckend kurz im Mai geregnet. Die Zuflüsse des Aralsees haben schon hunderte Kilometer vor der Einmündung kaum noch Wasser, im See kommt nichts mehr an. Der Wind in dem durch Wüste (Kysylkum) und Steppe geprägtem fast waldlosen Land lässt die wenigen Bäume im Stadtbild staubig erscheinen. Die ehemals prägende Baumwollproduktion ist deutlich zurückgegangen – Trinkwasser ist zum kostbaren Gut geworden.

Und noch ein letzter Eindruck von einer neuntägigen Reise, organisiert vom Reiseveranstalter „Lebenslust“, mit dem örtlichen Reiseleiter Bocha: Der Besuch der landesprägenden Moscheen, einschließlich der Koranschulen entlang der Seidenstraße, ist für Europäer, besonders für nicht religiöse Menschen, ziemlich herausfordernd. Hier wäre weniger besser, denn irgendwie sehen doch alle gleich aus – bei aller gebotenen Hochachtung vor dem Islam und seiner Baukultur, den Sitten und Bräuchen! Gern könnte dafür öfter mal ein Landstopp bei den langen Busfahrten eingeplant werden. Der Besuch einer Bauernfamilie würde nicht nur beim Füßevertreten helfen, sondern für noch mehr Verständnis für das Leben der Usbeken sorgen.

Obwohl Gastronomie und Hotelwesen auf einem guten Weg sind, das Essen schmackhaft ist, sind die Toiletten auf sehr unterschiedlichem Niveau. Die Hinweise des Reiseleiters Bocha auf die im Haus vorhandene Tief- oder Hochkeramik, werden als Landesbesonderheit humorvoll hingenommen. Für in dieser Hinsicht verwöhnte Europäer kann die Toilettenbenutzung manchmal herausfordernd sein.

Fazit: Ein sehr besuchenswertes Land, mit sehr liberalem Islam, sehr sauber, keine Schmierereien, keine Vermüllung, freundlichen Menschen und sehr viel Kulturgeschichte entlang der Seidenstraße, so wie es vom Veranstalter versprochen wird! Und mit ausgesprochen günstigen Preisen!

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Peter Becker, 11.10.25

Über Peter Becker 470 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf, Spreewaldkenner

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