Nilgänse im Spreewald

Die Nilgans gilt als eine farbenfrohe und exotische Vogelart, die ursprünglich aus Nordafrika stammt. Erste Exemplare wurden bereits im Spreewald gesichtet. Ihr Vordringen in nördliche Regionen ist, neben dem des Vordringens anderer Arten, ein Spiegelbild der globalen Klima- und der damit verbundenen Naturveränderungen.

Ursprünglich stammt die Nilgans aus Afrika, insbesondere aus Gebieten südlich der Sahara und des Nils. Sie war einst ein Symbol der ägyptischen Kultur und Kunst. Mit ihrer auffälligen Federzeichnung und ihrer auf den Menschen wirkenden eleganten Erscheinung, wurde sie vermutlich bereits im 17. Jahrhundert als Zier- und Parkvogel nach Europa gebracht, wohl um einen Hauch von Exotik und Exklusivität in adlige Gärten und Parkanlagen zu bringen. Es gilt nicht als gesichert, ob die Nilgans aus diesen Beständen heraus sich über Deutschland verbreitet hat oder ob sie im Rahmen der allgemeinen Klimaveränderung eingewandert ist – vielleicht trifft beides zu.

Für die Nilgans bietet der Spreewald mit seinem Labyrinth an Wasserwegen, mit seiner üppigen Vegetation und seiner Fülle an Nahrung, einen idealen Lebensraum. Es ist daher zu vermuten, dass sie sich hier ausbreiten wird und damit zum Problem für andere Arten werden könnte. Natürliche Feinde sind kaum vorhanden. Vermutlich könnten ihr nur Beutegreifer wie der Seeadler gefährlich werden, so wie sie es für alle anderen in Wassernähe brütenden Vogelarten ohnehin schon sind. Auch Wäschbaren und andere Prädatoren könnten bestandsmindernd wirksam werden. Ein anderer natürlicher Feind könnte der europäische Winter sein, besonders dann, wenn es mal wieder ein Winter mit langen Frostperioden sein wird.

Die Nilgans wird das Ökosystem des Spreewalds verändern – mit Licht- und Schattenseiten.

Ihre Anwesenheit bereichert die Artenvielfalt und schafft neue Interaktionen zwischen heimischen und eingewanderten Tierarten. Ihre Ankunft dient jedoch auch als Indikator für Umweltveränderungen und macht auf ökologische Entwicklungen, auf Ursachen und Zusammenhänge, aufmerksam. Durch Nahrungskonkurrenz und Platzbedarf verdrängt die Nilgans heimische Vogelarten. Bei ihr wird oft aggressives Verhalten gegenüber anderen Tieren beobachtet. Sie besetzt gern vorhandene Nester, bis hin zu Storchennestern. Nilgänse verfügen über eine hohe Reproduktionsrate: Sie brüten zwar in der Regel nur einmal im Jahr (Mai/Juni), können aber bis zu zwölf Eier legen. Die Brutdauer beträgt 28 – 30 Tage.

Im Spreewald ist der Nilgansbestand derzeit als noch sehr niedrig anzusehen. Doch dies kann sich in wenigen Jahren rasch ändern, wie bei anderen invasiven Arten zu beobachten ist. Insgesamt geht die Naturwacht aktuell von höchstens fünf bis zehn Brutpaaren aus. „Um einer ausufernden und die anderen Arten bedrohenden Bestandsentwicklung entgegenzuwirken, wurde die Nilgans daher frühzeitig ins Jagdrecht aufgenommen. Sie darf vom 1. September bis zum 31. Januar bejagt werden“, sagt Alexander Hoschke von der Naturwacht Lübbenau.

Der Stradower Fischer Karl Winkelgrund hat die Nilgans in seinen Teichanlagen mehrfach gesichtet. Ihm stört insbesondere der von den Gesetzgebern in den Vordergrund gestellte allgemeine Artenschutz. Karl Winkelgrund ist Diplombiologe und betrachtet nicht nur die einzelne Art, sondern alle Lebewesen in einem bestimmten Lebensraum in ihrem Zusammenwirken: „Mir ist daher der Schutz des Lebensraums wichtig und geht noch vor Artenschutz. Es können halt nur so viele Arten darin leben, wie Platz und Nahrung ist! Die Natur hat da ihre eigenen Regulierungsmechanismen, auf die wir nur sehr bedingt Einfluss haben, es eher sogar lassen sollten. Lebensräume können dagegen vom Menschen sehr wohl beeinflusst werden – positiv wie negativ. Ist der Lebensraum unwirtlich geworden, verschwinden Tier- und Pflanzenarten. Im umgekehrten Fall wird sich ein Gleichgewicht aller Arten einfinden.“

Die Nilgans im Spreewald ist ein Beispiel für die hohe Anpassungsfähigkeit von Tierarten und gleichzeitig ein Warnsignal für die komplexen Herausforderungen, die durch einwandernde Arten entstehen. Ihre exotische Herkunft und ihr Besiedlungserfolg faszinieren, jedoch erfordert ihre Präsenz auch verantwortungsvolle Strategien, um das Gleichgewicht im Ökosystem zu bewahren.

Peter Becker, 27.06.25

Über Peter Becker 471 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf, Spreewaldkenner

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