Die Lausitz hat viel Interessantes zu bieten, doch kennt es auch jeder? Kommen die immer zahlreicher werdenden nationalen und internationalen Besucher auch zu jeder „Lausitzperle“, von der inzwischen fünf den UNESCO-Status erlangt haben?
Die Informationsreise führte in die Alte Ziegelei Klein Kölzig und ins Sorbische Kulturzentrum Schleife:
Das UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald dürfte hinlänglich bekannt sein, doch dem UNESCO Global Geopark Muskauer Faltenbogen/ Łuk Mużakowa, dem UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, der UNESCO-Welterbestätte Muskauer Park/ Park Mużakowski und dem immateriellen Erbe der Sorben gebührt zumindest die gleiche Aufmerksamkeit, wie die Organisatoren „Erbe der Lausitz“ der Überzeugung sind. Der Leiter im Spreewald Eugen Nowak bei der Begrüßung der Teilnehmer einer ersten Informationsrunde zu zwei der Stätten: „Wir möchten Ihnen als Gästeführer und Interessierte einen besonderen Einblick in den Lausitzer Strukturwandel geben und Ihnen heute den Muskauer Faltenbogen und die sorbische Kultur näherbringen. Die Lausitz verfügt über große Kulturerbe, die es lohnt, im Bewusstsein der Menschen zu verankern und den Stolz auf Heimat und Herkunft zu manifestieren. Mit dem kürzlich gekürten UNESCO-Welterbe Herrnhut befinden sich nunmehr fünf UNESCO-Stätten und mehrere anerkannte, immaterielle Kulturerbe hier in unserer Lausitz auf so kleinem Raum wie sonst nirgends!“
Eugen Nowak (mitte) begrüßt vor dem Cottbuser Informationszentrum die Teilnehmer der Exkursion zu den Erlebnisstätten.
Mit zwei Reisebussen fuhren etwa 40 Personen ab dem Cottbuser Informationszentrum WANDEL WERK ZUKUNFT, wo eine Einstimmung in das Thema war, nach Klein Kölzig in die Alte Ziegelei. Dort war es gelungen, auf mehreren Etagen der ehemaligen Ziegelei Geologie, Handwerk und Kunst zu vereinen. Die Ausstellung „Vom Dreck zum Wohlstand“ zeigt, wie einst wertlos Erscheinendes, welches durch eiszeitliche Verwerfungen bis an die Erdoberfläche kam, wie Sand, Ton und Braunkohle, bald zur Entwicklung der Glasindustrie, der Tonwaren- und Ziegelfabrikation führte – alles Produkte, für die bei der rasanten Industrialisierung dringender Bedarf bestand. Feinste Sande und Tone machen plötzlich die Region wirtschaftlich interessant und die Fabrikbesitzer reich, wenn auch auf Kosten ihrer Arbeitnehmer, die wiederrum aber wenigstens ihre Familien einigermaßen ernähren konnten. Kersten Löwen vom UNESCO Global Geopark konnte diese und weitere Zusammenhänge anschaulich erläutern. Kaum jemand wusste, dass im Bereich des Muskauer Faltenbogens, zu dem die spätere Ziegelei gehörte, einst Mammute grasten und während der Eiszeit 500 Meter Eis über dem Gelände lagen.
Der Geowissenschaftler Kersten Löwen informiert zum Muskauer Faltenbogen und seine Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.
Der Lübbener Gästeführer Uwe Neumann, der seine Besucher durch den Spreewald und das Lausitzer Seenland führt, zeigte sich angetan: „Ich nutze jede Gelegenheit der Weiterbildung, denn in der sich gerade wieder sehr stark verändernden Lausitz möchte ich bestens über Altes und Neues informiert sein. Und ich bin sehr dankbar, für meine Mehrtagestouristen weitere Angebote, wie die Alte Ziegelei und Schleife, einplanen zu können.“
Im Sorbischen Kulturzentrum Schleife ging es um das immaterielle Erbe der slawischen Minderheit, welche vom Liedgut, über den Bau von Musikinstrumenten, über Brauchtum und Blaudruck reichte. Sylvia Panoscha, Stephanie Bierholdt und Wolfgang Kotissek führten in einer knappen Stunde vor, wofür man eigentlich Tage bräuchte: Grundlegendes über Musikinstrumente, von der dreiseitigen Geige bis zum Dudelsack, Osterbrauchtum mit Ostereierverziertechniken, die Bedeutung der Sagen und natürlich Herstellung, Trageweise und Deutung von regionaler Tracht, die sich von der niederlausitzer Tracht deutlich unterscheidet.
Stephanie Bierholdt begrüßt die Exkursionsteilnehmer im Sorbischen Kulturzentrum Schleife traditionell mit Brot und Salz, rechts Teilnehmerin Stephanie Wannek von Cottbus Congress, Messe & Touristik CMT
Die mitgereiste und aus München stammende Studentin Marielene Langemann belegt an der BTU Cottbus-Senftenberg ein Masterstudium zu Weltkulturerbe. Sie zeigt sich am Abend des Tages beeindruckt: „Beide Stätten zeigen Altes sehr modern und informativ aufbereitet. Ich wünsche mir, dass sich noch viel mehr junge Menschen für ihr heimatliches Erbe interessieren, denn dies scheint hier in der Lausitz von besonderer Ausprägung und Einmaligkeit zu sein – so meine Wahrnehmung!“
Studentin Marielene Langemann (re.) im Gespräch mit der Leiterin des Sorbischen Kulturzentrums Schleife Sylvia Panoscha.
Eugen Nowak war zufrieden mit dem Verlauf der ersten „Lausitzer Spurensuche“, die sein Team, allem voran Susann Troppa und Ellen Beuster, vorbereitet hatte. Er versprach: „Wir werden diese Erlebnisreisen fortsetzen, uns noch intensiver mit unseren Kulturgütern befassen und brauchen dazu Sie, die Gästeführer und weitere Interessierte, als unsere Multiplikatoren. Wir werden aber nicht nur das kulturelle Erbe im Auge haben, sondern auch den Wandel in der Lausitz, der sicherlich weitere, bewahrenswerte Kulturgüter hervorbringen wird.“ Projektmitarbeiterin Ellen Beuster gab am Erlebnistag einen Blick durchs Schlüsselloch: „Im kommenden Sommer wollen wir den Fokus in der Oberlausitz setzen und dort die UNESCO-Stätten rund um Bautzen miteinander verbinden.“
Ein Teil der Gäste fuhr am Abend weiter zur UNESCO-Welterbestätte Muskauer Park/ Park Mużakowski, um dort das Klavierkonzert von des frankokanadischen Pianisten Marc-André Hamelin zu genießen, das im Rahmen des Lausitz Festivals organisiert wurde. Die erstmalige Kooperation zwischen dem Erbe der Lausitz und dem Lausitz Festival soll auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.
Informationen dazu und zu weiteren Angeboten in der Lausitz gibt es unter www.erbe-lausitz.eu .“
Peter Becker, 01.09.24
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