Wie Preußengeschichte und Koigarten eine Einheit bilden können

Am Burger Willischzaweg gibt es eine Einrichtung, die man auf den ersten Blick nicht im Spreewald vermuten würde. Aber nur auf den ersten Blick, denn sie hat eine tiefergehende Beziehung zu Burg, als man vermuten könnte:

Von seinem hochgelegenen Büro am großen Koiteich blickt Eckhard Albert über ein weiträumiges Gelände. In Burg-Kauper, am Willischzaweg nahe dem Badesee, kann er den Japanischen Garten, den Zen- und den Yin und Yang-Garten – und den Preußengarten sehen. Dieser scheint auf den ersten Blick namentlich etwas aus der Reihe gefallen zu sein, denn was haben asiatische Gärten mit Preußen zu tun? Eckhard Albert, in der Preußengeschichte überaus bewandert, klärt auf: „Es gehörte in den Schlössern und Parks zum Chic der damaligen Herrscher, sich mit Fremden, besonders mit Asiatischem, zu umgeben. Das Teehaus im Park Sanssouci ist nur ein Beispiel dafür. Anders als heute, waren solchen fernen Ziele fast unerreichbar, deshalb „kopierte“ man Exotisches in Parks und Schlösser.“

Eckhard Albert ist Jahrgang 1951 und stammt aus dem brandenburgischen Bützer. Nach dem Medizinstudium an der Berliner Humboldtuniversität kam er nach Cottbus und wurde am Klinikum Facharzt für Pathologie. Mit der politischen Wende gründete er ein Labor für Histologie und Zytologie. Hier promovierte Eckhard Albert mit mikroradiologischen Untersuchungen zum Dr. med.

Er hatte es sich im Leben eingerichtet, mit Frau Ute, einer Zahnärztin und den beiden Kindern, bewohnte er eine Plattenbauwohnung in Cottbus. Der Zufall führte ihn nach Burg, nach Kauper 39 (heute Willischzaweg 5). Hier stand ein verfallenes Haus auf einem 1000 Quadratmeter großem Grundstück zum Verkauf. Dem aus der brandenburgischen Provinz stammenden Naturliebhaber konnte nichts Besseres passieren, endlich wähnte er sich nun am Ziel seiner Wünsche, nun kam zusammen, was für ihn wichtig war: Das immer noch preußisch wirkende Kauper (vor 300 Jahren durch die Preußenkönige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II gegründet), die urige Spreewaldnatur, das Wasser und seine geliebten Fische –im Teich oder in der freien Natur.

Doch es sollte noch sehr lange dauern, bis er und seine Familie am Ziel aller Wünsche war: Lag es in DDR-Zeiten an fehlendem Baumaterial, kamen mit der politischen Wende andere Probleme auf ihn zu. Wenn auch nach und nach das Haus wohnfähig gemacht werden konnte – 1991 erfolgte der Umzug von Cottbus- ließen sich die anderen Pläne noch lange nicht verwirklichen. Eckhard Albert wollte mehr, er wollte einen Garten, einen der Freude und Entspannung bieten kann, der für Besucher offen ist und reichlich Platz für seine Kois bietet. Nach der Wende kam er an die begehrten Tiere heran, ihre Farbenvielfalt begeisterten ihn – und sie können einhundert Jahre werden. „An den Lebensbedingungen soll es nicht liegen, ich kenne mich da inzwischen gut aus und kann den Tieren bieten, was sie für ein langes Leben brauchen“, lautete damals eine seiner Überlegungen. Doch er hatte nicht mit den Behörden gerechnet, nicht mit dem Gemeinderat und mit anderen Widrigkeiten, die sich nach Bekanntwerden seiner Pläne von einem Koigarten plötzlich auftaten. Kois und Spreewald – das geht gar nicht, war der Ablehnungstenor. Doch Dr. Albert lässt sich nicht so leicht von seinen Plänen abringen: „Wenn Kois nicht geht, geht das Preußentum, denn Kauper und die Burger Kolonien sind den preußischen Königen zu verdanken – und gegen einen Preußengarten mit asiatischem Aufputz (s. oben) dürfte man eigentlich nichts haben. Außerdem gewinnt der Kurort eine touristische Attraktion!“ Mit diesen Argumenten im Rücken und auch wegen seiner aktiven Mitarbeit im Burger Heimatverein, gelang es allmählich, ein positives Klima zu erzeugen. Dennoch sollten noch sieben(!) Jahre vergehen, bis endlich alle Genehmigungen, allerdings mit 32 Auflagen, vorlagen. Eckhard Albert erinnert sich: „Am 23. Dezember 2017 erhielt ich vom Kreisamt in Forst die Mitteilung, dass nun alles fertig sei und gebaut werden könne. Da ich vorsichtig geworden bin, bin ich am 27. Dezember morgens zum Kreisamt nach Forst gefahren, um die Papiere persönlich in Empfang zu nehmen. Obwohl eigentlich ‚Zwischenjahresruhe‘ im Amt war, hatte man mich dennoch erwartet …. man kannte meine Hartnäckigkeit!“

Am 1. Mai 2019 war die Eröffnung des Koigartens. Seit dieser Zeit führt Eckhard Albert seine Gäste an Samstagen durch den Garten. Sehr zu deren Erstaunen kommt er dann als Friedrich II. daher, natürlich entsprechend gewandet. Der Burger Trachtenschneider Jakubik hat ihm die Uniform auf den Leib geschneidert. Als „F II“ erscheint er auch bei anderen Veranstaltungen, etwa bei der historischen Kartoffelernte. Hier „kontrolliert“ er peinlichst genau den Kartoffelerlass und „moniert“, wenn etwas nicht nach seinem Willen geschieht.

Der Koigarten ist nach der Coronapause in etwas ruhigerem Fahrwasser angekommen, wenn auch neue Sorgen den Betreiber plagen. Die gestiegenen Energiekosten und fehlendes Personal machen auch um asiatische Gartenkunst keinen Bogen. Die Filteranlagen müssen laufen, die Küche und der Bewirtungsservice müssen wenigstens im Standby sein. Gern werden die Räumlichkeiten für Familien- und Firmenfeiern genutzt. Im Preußenzimmer hängt ein Gemälde vom Preußenkönig, was an sich normal und zu erwarten ist, doch beim genauen Hinsehen guckt sein Double, der Dr. Albert aus dem Goldrahmen – ein Geschenk seines ehemaligen Labor-Partners.

Peter Becker, 24.08.23

https://koigarten-burg.de/

Über Peter Becker 404 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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