150 Jahre Feuerwehr Lübbenau

Wenn eine wichtige Ortsfeuerwehr für 24 Stunden aus der Rufbereitschaft geht, muss es wohl einen triftigen Grund geben. Und den gab es, es war ein Feiergrund: Die Lübbenauer Wehr besteht seit 150 Jahren und hat in ihrem Bestehen schon zahlreiche Brände löschen müssen. Der erste war zugleich der wichtigste, der letztlich zur Gründung der Wehr führen sollte. Noch nicht als Wehr organisiert, musste am 12. Mai 1873 ein Kirchturmbrand gelöscht werden. Dies tat – ein Dachdeckermeister unter kompliziertesten Bedingungen und leider wenig erfolgreich! Die Notwendigkeit der Gründung einer organisierten und technisch gut ausgerüsteten Feuerwehr war gegeben, zumal die preußische Regierung und die Feuersozität ohnehin diesbezüglichen Druck im ganzen Land ausübten: Am 24. Juni 1873 war es dann so weit, unter Leitung des Kaufmanns Herrmann Weißwange gründete sich die freiwillige Feuerwehr Lübbenau.

Über 100 Jahre später, 1984, stand wieder der Kirchturm in Flammen. Ein Löschen war nicht möglich und so stürzte kurz vor Mitternacht die Turmspitze mit Getöse auf den Kirchplatz. Erneut Anlass genug, um über den Stand der Löschtechnik nachzudenken. Es sollte noch zehn Jahre dauern, bevor eine Drehleiter angeschafft werden konnte, die exakt zum 150. Wehrjubiläum nun wieder ihre Nachfolgerin finden konnte. Auf dem Festgelände an der Poststraße wurde die weit ausfahrbare und knickbare neue Magirus-Leiter vorgestellt. Wer wollte und genug Mut hatte, konnte sich gleich mal an die schwankende Spitze fahren lassen.

„Solche Technik hätte wir mal haben müssen“, seufzt Paul Kalz, Jahrgang 1933. Er ist seit 1951 Mitglied der Feuerwehr und erinnert sich an einen Einsatz, als er mit einer -viel zu kurzen- Holzleiter einen Stallbrand auf Kampe bekämpfen sollte. „In der Langen Straße hielt uns mal ein Brandstifter immer wieder hin, bis er endlich gefasst werden konnte“, erinnert er sich an eine weitere Begebenheit. Sein Kamerad Hubert Walter ist Jahrgang 1934 und seit 1964 Mitglied der Lübbenauer Wehr. „Ich erinnere mich an den Waldbrand bei Tauer, zu dem wir Lübbenauer, wie viele anderen Wehren auch, gerufen wurden. Ein Wipfelbrand im Übungsrevier der Sowjetarmee breitete sich rasend schnell aus und wir durften nur auf zugelassenen Wegen Löschversuche unternehmen. Wichtig war, stets mit halb vollem Löschwassertank umzukehren, damit wir uns notfalls mit dieser Wasserreserve selbst retten konnten.“

Hartmut Wassermann, seit vielen Jahren Stadtbrandmeister, zählte in seiner Festrede noch weitere Schadensereignisse auf, wie den Eiskellerbrand bei Moshake (1889), Brand in der Gaststätte Venedig (1959), den Großbrand im Freilichtmuseum (1973) oder den Brand im Gasthaus Kaupen 6 in Lehde. Daneben gibt es zahlreiche größere und kleinere Brände, viele Verkehrsunfälle und andere Einsätze. Hartmut Wassermann: „Hier kommt keine Langeweile auf, denn 261 Alarmierungen allein im letzten Jahr sind alles andere als lustig!“

Dass es gerade die Zunahme der Verkehrsunfälle sind, die die Kameradinnen und Kameraden stets aufs Neue prüfen, konnte die Besucher auf dem Festgelände an der Poststraße in Augenschein nehmen: Ein Kran hievte ein Auto in die Höhe und simulierte durch Aushaken den Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h an einen Baum. Die Eiche zeigte nur geringe Spuren, die Autos (zwei weitere folgten) erlitten Totalschaden.

Wie es sich für ein Jubiläum dieser Art gehört, war im Festzelt reichlich Gelegenheit zu feiern. Mit befreundeten Wehren aus Dieringhausen, Kolberg (Dänemark) und Nowograd Bobrzanski (Polen) sowie den Kameradinnen und Kameraden der Stadteilfeuerwehren wurde manche Erfahrung ausgetauscht. All zu üppig fiel die Jubiläumsfeier dann doch nicht aus, denn ab 8:00 Uhr des Folgetages steht die Wehr wieder in der Rufbereitschaft. Aber vielleicht ist das Schicksal gnädig und Pieper wie Sirene schweigen noch ein paar Stunden und gönnen den Feuerwehrleuten noch etwas verdiente Ruhe.

Peter Becker, 08.07.23

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Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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