Karen Ascher – die Kunst-Netzwerkerin

Sie stammt aus Burg – nicht Burg (Spreewald), wie vermutet werden könnte, sondern Burg Stargard, gelegen in Mecklenburg-Vorpommern. Karen Ascher wurde dort 1976 geboren und durchlief die damals üblichen Wege eines DDR-Kindes. Aus einem katholischen Elternhaus stammend, konnte sie ungehindert ihren Neigungen und Interessen nachgehen. Eine war, sich mit Keramikarbeiten zu beschäftigen. Ihre Eltern richteten ihr eine kleine Werkstatt auf dem Hof ein, gleichzeitig durfte sie auch die Erwachsenenkurse besuchen – nicht ganz üblich, spricht aber für ihr Engagement und ihr Talent gleichermaßen. Nach dem Abitur belegte sie das Studienfach Landschaftspflege, aber wegen der nachfolgend schlechten Auftragslage nutzte sie die Zeit, um ihrer ursprünglichen Passion wieder näherzukommen. In Anklam studierte sie an der Grafik- und Designschule, „hier habe ich die Kunst von Grund auf aufgesogen“, blickt Karen Ascher zurück. Da von Kunst allein trotz bester Ausbildung nur selten jemand seinen Lebensunterhalt verdienen kann, wechselte sie zu einem Brandenburger TV-Sender und war dort unter anderem für Sport und Kultur zuständig. Sie berichtete nun über die anderen und lernte dabei viel über deren Leben kennen – egal ob als Redakteurin oder als Kamerafrau. Nebenbei blieb sie aber auch ihrer eigenen Kunst treu: Sie gestaltete unter anderem Postkarten, verband Witz und Humor mit Kunst und verband Botschaften damit. Es folgten Buchillustrationen, Spielkarten, Malbücher und weitere Publikationen, jüngst auch zweisprachig, in sorbisch/wendisch. Ihr beruflicher wie privater Werdegang hatte sie inzwischen nach Lübben geführt. Hier kam sie mit der Tradition der Sorben/Wenden in Kontakt und sah, dass sich da für sie ein neuer künstlerischer Auftrag entwickeln könnte – und es dann auch wurde. Ihre Publikationen sind humorvoll angelegt, besonders ihre Malbücher. „Die Kinder lernen fast nebenbei die Sprache der in der Lausitz einst ansässigen Vorfahren, an jedem gezeichneten Gegenstand ist neben der deutschen die sorbische/wendische Bezeichnung – Sprache lernen einfach gemacht, könnte man diese Art des Nahebringens heimischer Kulturen nennen“, sagt Karen Ascher, die vom sorbischen WITAJ-Sprachzentrum in Cottbus unterstützt wird.

In Lübben erfolgte die vollständige Hinwendung zur Kunst, erste kleinere Aufträge folgten, später kamen größere hinzu, wie etwa die Mitwirkung in der SPEKTRALE oder der Aquamediale. Karen Ascher sieht sich nicht so sehr als eine im Atelier vor sich hinschaffende Künstlerin, sondern sieht in der Vernetzung der Künstlerinnen und Künstler Potenziale. Das gegenseitige Geben und Nehmen, das Lernen von- und miteinander, macht wohl den Künstler von heute aus – so ihre Überzeugung. Sie ist auch auf der politischen Ebene tätig, als Mitglied im Künstlerbeirat des Landkreises. Karen Ascher organisierte die Panoramaausstellung in Lübben, ebenso eine Trachtenausstellung (DRAWSTA) unter künstlerischen und vor allen Dingen Mitmach-Gesichtspunkten. Die Alleinerziehende hat alle Hände voll zu tun: Homeschooling, Netzwerkpflege, Aufträge generieren und – in den wenigen ruhigen Minuten- auch mal wieder selbst kreativ sein. Immer wieder kommt sie auf die slawische Sprache zurück und baut sie in die Kunst ein. Karen Ascher: „In dieser Sprache liegt so viel Regionalität und kulturelle Erinnerung gleichzeitig, sie benennt Alltagsgegenstände, die es heute nicht mehr gibt oder die heute anders genannt werden – mein ganz persönlicher Spannungsbogen!“ In Halbe Welt e. V. hat sie eine weitere Wirkungsstätte gefunden. Der märkische Ort Halbe vereint in sich das Leid des größten deutschen Schlachtfelds – Krieg und Frieden stehen mehr oder weniger unausgesprochen im Raum und werden heute wie morgen Künstlergenerationen „Brot“ geben. „Da will ich dabei sein!“

Peter Becker, 26.04.23

Über Peter Becker 396 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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