Der Frühling sitzt in den Startlöchern – und bevor üppiges Grün alles wieder schön macht, zumindest für eine Saison, geht es ans Aufräumen. Lübbenauer Touristiker stört es schon lange, dass an den Gewässerrändern und in Ufernähe Dinge lagern, die dort keineswegs hingehören. Paul Rösler vom Kanuverein Lübbenau ist einer von denen. Bei einer kürzlichen Paddeltour war am Schluss sein Kanu voll mit leeren Büchsen und Flaschen – mehr ging nicht zu transportieren! Kulanterweise nahm ihm das Gasthaus „Wotschofska“ die ganze Kanuladung auf eigene Kosten ab.
Mit Sandra Richter, ebenfalls vom Kanuverein und Lukas Hannemann vom gleichnamigen Bootsverleih machte er sich am vergangenen Sonntag auf, um, diesmal mit dem Kahn, dem noch verbliebenen Müll zu Leibe zu rücken. Entlang der Strecke Lübbenau – Leipe wurden sie, dank ihres inzwischen geschulten Blickes, fündig: Kühltruhen, Kochmaschinen, Behältnisse aller Art, Farbdosen, Teppiche – alles, was ein Haushalt so hergibt, wurde in den Kahn befördert. Paul Rössler: „Allein das Auffindegut spricht dafür, dass es nicht die immer wieder gescholtenen Touristen sind, die die Umwelt mit ihren Hinterlassenschaften verschmutzen, sondern unsere eigenen Bürger. Anders ist das große Müllaufkommen in Datschen- und Wohnortnähe nicht zu erklären!“ Rössler zählt weitere Beispiele aus verschiedenen Konsumgenerationen auf: Konservendosen mit DDR-Preisangaben, Haushaltsgeräte, hergestellt in volkseigenen Betrieben (VEB), eine Zinkbadewanne (wurde vermutlich in Leipe nach einer Badsanierung nicht mehr gebraucht), ein gesunkenes Kajak, acht Paar Gummistiefel und diversen Kleinmüll sowie Flaschen und Dosen aller Art. Der Kahn war nach sechs Stunden sonntäglicher Müllentsorgung voll, die Ufer aber noch längst nicht leer! Mit der Entnahme aus der Natur war es aber noch nicht getan, denn der Müll muss nun an den zentralen Erfassungsstellen abgeliefert werden. „Glücklicherweise hilft uns hier der Baustoffhof Lübbenau, wir wären sonst mit der Trennung und dem Transport noch zusätzlich beansprucht worden“, ergänzt Paul Rösler. Und er stellt Fragen in den Raum: „Wissen denn die Verursacher nicht, dass wir ein gut funktionierendes und kostenloses Erfassungssystem haben? Wissen die denn nicht, dass ‚weg‘ nicht weg ist, sondern nur eine Umverlagerung?“
Sandra Richter zeigt sich ebenfalls sehr betroffen: „Ich war der Meinung, wir räumen Müll von den Touristen weg, aber nein, es war Müll der guten alten DDR. Ich schwanke zwischen Melancholie und Entsetzen. Und das Wissen, dass es noch viel mehr Müll dort draußen gibt, macht mich irgendwie traurig.“
Peter Becker, 27.03.23
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