Die Melusine

Die Melusine

Über drei Meter ragt sie aus dem Wasser der Radduscher Kahnfahrt, ihre farbenfrohe giftig-schöne Gestalt, zudem in drehbaren Teilen, wird viele Fragen und sicher auch Meinungen auslösen: die „Melusine“. 

Sie ist schwer zu beschreiben, weil sie stets anders aussieht – ja nachdem, von welcher Seite der Wind weht. Und dieses Anderssein, dieses Geheimnisvolle, macht das Wesen der von der Leipziger Künstlerin Nadine Prange geschaffenen Skulptur aus. Ihre Schlangenfigur, das nixenhafte Wesen und die schuppige Fischstruktur passen optisch ideal zum Spreewald – und nun in die Radduscher Kahnfahrt, die den gleichnamigen Ort mit dem inneren Spreewald verbindet. Hunderte Urlauber werden nun das Kunstwerk beim Vorbeigleiten bestaunen können, Fährmänner und Fährfrauen können ihren Gästen damit einen Mehrwert bieten – und mit ihnen ins Gespräch über die Wandlungsfähigkeit des Lebens, über Schicksale und über unser Dasein kommen.


Eine Sage aus dem Mittelalter handelt davon, dass eine gewisse Melusine einen Ritter unter der Bedingung heiratet, dass er sie nicht in ihrer wahren Gestalt sehen darf. Dieser geheimnisvolle Mythos umweht ihre Ehe und verhilft beiden in der Folge zu Ansehen und Reichtum – bis der Ritter das Tabu bricht, dabei ihre wahre Gestalt zu Gesicht bekommt und die Beziehung tragisch endet. Bald verschwammen in der Überlieferung die Elemente dieser Familiengeschichte, es wurde immer mehr Wert auf die Tragik mancher Liebesbeziehungen gelegt, auf den Mythos, der sie umweht – bis hin zu der Tatsache, dass man seinem Partner oder seiner Partnerin nie wirklich bis ins Innerste schauen kann. 


Die Künstlerin hatte die Melusine im Rahmen der Aquamediale 2019 erschaffen. Das Kunstwerk befand sich im Straupitzer Schlossparkteich, sie wurde im Rahmen der nach jeder Aquamediale üblichen Versteigerung von der Stadt Lübbenau erworben. Mangels Aufstellmöglichkeit wurde die Melusine als Dauerleihgabe Lübbenaus dem Radduscher Kunstverein/Tourismusverein übergeben und im Mai 2022 in der Radduscher Kahnfahrt aufgestellt. Zuvor musste sie noch aus dem Straupitzer Schlossteich geborgen werden, was sich als sehr schwierig erwies: Die Verankerung war im Schlamm versunken und nicht mehr zugänglich. Mit Unterstützung durch den Straupitzer Fährmann Norman Muschka und Otto Albrecht von den Spreewald-Insidern sowie dem Radduscher Bau- und Touristikunternehmen Mutschke konnte sie schließlich entnommen und nach Raddusch überführt werden. Bergung und Transport blieben nicht ganz schadensfrei, sodass sie aufwändig restauriert werden musste.

In einer gemeinsamen Aktion mit dem Bauunternehmen und den Kameraden der Radduscher Feuerwehr wurde die Aufstellung vorgenommen. Vorausgegangen waren umfangreiche und langwierige Genehmigungsverfahren, denn der Aufstellort an der Radduscher Kahnfahrt befindet sich rechtlich in einem „schiffbaren“ Gewässer. Um Kollisionen mit Kähnen und Paddelbooten zu vermeiden, wurden von den Feuerwehrkameraden Pfähle eingespült und Abgrenzungen angebracht.

Die Radduscher Kahnfahrt verfügt mit der „Melusine“ nun über ein zweites Kunstprojekt, nachdem schon 2018 „Der Löffel“ des Berliner Künstlers Gregor Kampitz als Dauerleihgabe des Radduscher Hoteliers Torsten Seidel aufgestellt werden konnte. 

Peter Becker, 07.05.2022

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Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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