Mit diesem Slogan machen sich die 18 deutschen Biosphärenreservate auf den Weg ins Morgen. „Wir meinen damit, dass sich auch die Biosphärenreservate den veränderten Bedingungen stellen müssen, sie sollen nicht nur als reine Landschaftsschutzeinrichtungen oder – schlimmstenfalls- als Behörde verstanden werden“, eröffnet Michael Petschick die Informationsveranstaltung an der Lehder Dolzke. Vertreter der touristischen Einrichtungen, Partner der Biosphärenreservats Spreewald und Medienvertreter waren der Einladung gefolgt.
Bei der Kampagne geht es darum, wie ökologische, ökonomische und soziale Interessen als ein Schwerpunkt der Biosphärenreservatsarbeit gesehen und praktiziert werden können. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das leider nicht immer der Fall. Zu oft wird die Arbeit der Reservatsverwaltung als bürokratischer Akt wahrgenommen. „Wir wollen aus diesem Image heraus und uns verstärkt als Partner anbieten und gemeinsam nach Lösungen suchen“, so Petschick bei einer gemeinsamen Kahnfahrt durch Lehde. Als Beispiele führt er an, dass gerade im Spreewalddorf Lehde verstärkte Anstrengungen zu verzeichnen sind, noch mehr in die touristische Infrastruktur investieren zu wollen. Da der Platz für Neubauten praktisch nicht vorhanden ist, soll mal hier eine Scheune zu Ferienwohnungen umgebaut werden oder anderer Stelle der alte Kuhstall einer solchen Nutzung zugeführt werden. „Damit ginge immer mehr ländlich-bäuerliches Flair verloren – etwas was Lehde als Spreewalddorf ausmacht und weshalb die Urlauber kommen. Sie wollen sich auf eine Zeitreise begeben, die sich ohnehin schon schwierig gestaltet“, so Petschick. Die Reservatsverwaltung hilft, berät und sucht mit den Antragstellern nach Lösungen, muss aber auch im Interesse der Gemeinschaft mal Nein sagen müssen. Die Verwaltung ist gerade dabei, den UNESCO-Status erneut zu beantragen, der aller zehn Jahre erneuert werden muss.
Petschick führte an, dass ehemals 240 Hektar Land in Lehde von insgesamt 150 Menschen bewirtschaftet wurden, heute sind dies nur noch knapp 30 Hektar, die von einer Handvoll Enthusiasten unterhalten werden. Einer davon ist Sebastian Kilka, der seinen „Mutschenhof“ gemeinsam mit seiner Frau Anja und den vier Kindern in der fünften Generation betreibt. „Was für die einen als beschwerlich wahrgenommen wird, ist für uns genau das Leben, was wir, wie die Menschen vor uns, wollen: Kahn, Natur und Landwirtschaft bilden für uns eine Einheit“, bringt Sebastian Kilka seine Einstellung zum Ausdruck.
Es könnten wieder mehr Landwirte werden, denn die Flächen sind ja immer noch vorhanden – wenn es mehr Unterstützung für sie gäbe! „Die schon oft diskutierte Tourismusabgabe würde dem einzelnen Urlauber nicht sonderlich weh tun, aber in der Summe sehr helfen“, ist sich Michael Petschick sicher.
Die vielen, nun nicht mehr genutzten, Brachflächen werden vom Biosphärenreservat und der Bürgerstiftung Kulturlandschaft Spreewald unterhalten und gepflegt. Beide sind hier auf ehrenamtliche und finanzielle Unterstützung angewiesen. Zu den Pflegemaßnahmen gehört auch der Winterstau, der dafür sorgt, dass sich Schwebstoffe aus den Fließen auf den überschwemmten Wiesen niederlegen können und so für eine natürliche Düngung sorgen. Der Winterstau dient auch dem Austausch der Arten, die über die Stauflächen größere Areale erreichen können.
Diese Zusammenhänge zu vermitteln, weg vom Verwaltungsimage zu kommen, stellt sich die Kampagne zum Ziel. Schirmherr ist Detlev Buck. Als Kult-Regisseur seines 2006 im Biosphärenreservat Schaalsee gedrehten Kinderfilms „Hände weg von Mississippi“ hat Buck eine ganz besondere Verbundenheit zu den UNESCO-Biosphärenreservaten: „Wir haben schöne, schützenswerte Ort direkt vor unserer Haustür und es liegt in unserer Hand, sie zu bewahren und kreativ zu werden.“
Es geht um die Sicherung der Artenvielfalt, besonders die der bestäubenden Insekten, um ein neues Verständnis zu heimischen Gärten, um nachhaltige Energiebewirtschaftung und besonders um die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen. Sie sollen ihre Welt von Morgen mitgestalten, „verrückt nach Zukunft“ sein, ihrer Zukunft. Die Kampagne ruft einen Mitmachwettbewerb ins Leben: „Bist du auch verrückt auf Morgen?“. Es werden die besten Ideen, Projekte oder Produkte im Bereich Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Naturschutz oder Soziales gesucht.
Zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden alle heutigen Medien genutzt, es werden in den Städten Roadshows präsentiert, bevor es Anfang November vor den Deutschen Bundestag geht.
https://verrueckt-auf-morgen.de
Peter Becker, 28.04.22
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