Es ist schon erstaunlich, dass das Freilandmuseum Lehde erst 60 Jahre alt sein soll. Die uralten Gebäude mit den ebenso alten Ausstellungsstücken im Inneren lassen etwas ganz anderes vermuten. Doch erst vor 60 Jahren wurde der Grundstein für das Freilandmuseum geschaffen. Genauer, er war schon vorhanden: Ein Lehder Wohn- und Stallhaus wurde frei und vom damaligen Spreewaldmuseum als Außenstelle erworben, um dort die sorbische Kultur zu präsentieren. Die Planungen liefen damals darauf hinaus, das gesamte Dorf Lehde mit den darin wohnenden Menschen zu einem Freilandmuseum umzuwandeln – mit der Maßgabe, keine Veränderungen (also auch keine Modernisierungen) vorzunehmen. Das scheiterte dann doch am Widerstand, denn kaum ein Lehd’scher wollte auf die Fernsehantenne auf dem Dach verzichten. Doch so nach und nach hat sich nun doch noch ein ganzes Museumsdorf auf dem heutigen Gelände herausgebildet. Dank Zukäufe von Bauwerken aus Burg, Suschow, Kittlitz und anderen Orten kann der Besucher jetzt die Geschichte des ganzen Spreewaldes erfahren und weitestgehend auch erleben. Besonders viel Mühe geben sich die Museumsmitarbeiter bei der Vermittlung von alten Handwerkstechniken, wie Flachs hecheln und spinnen, sie zeigen den Alltag der Vorfahren vom Kühe melken bis zum Essen kochen. Kinder können alte Spielgeräte ebenso ausprobieren, wie sich mal im Melken (an der Modellkuh mit Vorratstank) zu versuchen. Die Kinder Till und Bo aus Itzehoe versuchen gerade bei Museumsmitarbeiterin Martina Riedel immer wieder, auf Stelzen zu laufen. „Die Kuh zu melken, war da einfacher“, erzählt Till. Die Brüder hatten sich zuvor schon am Hausbau versucht und nach einer Vorlage mal so auf die Schnelle ein Spreewaldhaus gebaut, wenn auch nur in Miniatur. Die Besucher zeigten sich erfreut, dass der Anteil an Mitmachangeboten in Lehde sehr hoch ist. Anke Behnke aus Freiberg (BW): „Unsere Kinder können hier hautnah erleben, wie Kindheit auf dem Lande früher war. Neben Spiel und Spaß war die Mithilfe im Haushalt eine Pflicht.“ Einige Familien probierten das Rubbeln der Wäsche auf einem alten Waschbrett, andere versuchten sich im Binden von Seilen. Museumspädagoge Dirk Ehrhardt hat an diesem Tag viele Hundert Meter Seile gewunden – meist in Teamarbeit der Kinder mit deren Eltern, was ein zusätzliches Familienerlebnis bescherte. Mit großem Interesse, aber auch einer gewissen Vorsicht, näherten sich Kinder einer Bienenbeute, aufgestellt vom Schollener Imker Andreas Petschick. Mit einem Stethoskop ließ der „Bienendoktor“ ins Innere hören. „Die machen ganz schön Lärm“, war fast immer von den Kindern als Reaktion zu erfahren.
Im hinteren Bereich des Geländes ging es bei Kaffee, Kuchen und Livemusik etwas beschaulicher zu. Die Band Paula Licht & Los Testamentos unterhielt die Besucher.
Museumsdirektor Stefan Heinz ließ es sich an dem Tag nicht nehmen, selbst an der Eingangskasse zu sitzen. So bekam er die Reaktion der Besucher hautnah mit. Ihm war der Stolz anzumerken, dass die Arbeit seiner Vorgänger nun Früchte trägt und Anerkennung erfährt. „Wir haben 100 000 Besucher im Jahr, die Zahl spricht schon allein für das gelungene Konzept. Mit dem Erwerb des Geländes am Opott 2009 verfügen wir nun tatsächlich fast über eine Anlage in Dorfgröße. Es ist beinahe das, was damals gewollt war, was nun anders und sicher auch besser umgesetzt wurde“, erzählt Stefan Heinz. „Neue Pläne gibt es vorerst nicht, alles zu erhalten, ist schon schwer genug“, ergänzt er noch. Unterstützung bekommt er seit ein paar Monaten von der AWO-Spreewaldwerkstatt. Menschen mit Behinderung pflegen die Gärten, kümmern sich um die Hühner und stellen Gebrauchsgegenstände her, wie etwa Besen aus Birkenreisig.
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