Spreewälder Wetterphänomene – eigentlich nichts Neues

 

Die Spreewaldregion unterliegt keinen besonderen Wettereinflüssen, wenn vom verstärkten Kontinentaleinfluss einmal abgesehen wird. Die Sommer mögen trockener und heißer sein, die Winter eher kälter als in westlich gelegeneren und vom maritimen Klima beeinflussten Regionen. Was den Spreewald dennoch heraushebt, ist seine Abhängigkeit vom Wasser: Transporte fanden von je her auf den Fließen statt, der Fischbestand war eine der wesentlichen Ernährungsgrundlagen. Große Trockenheit mit extremen Niedrigwasser oder tagelanges Hochwasser beeinflussten das Leben der Spreewälder deutlich stärker als anderswo.

In den örtlichen Chroniken wird von beiden Extremen berichtet. So fand zwischen 1790 und 1800 eine große Dürre statt, die Sommer waren sehr warm und niederschlagsarm, der Winter blieb ebenfalls weitestgehend trocken. Der Dürre ist auch ein Großbrand geschuldet: 1791 brannte Leipe fast vollständig ab. 1911 war die Spree ausgetrocknet, angeblich konnte man „trockenen Fußes von Leipe nach Lübbenau auf dem Grund der Spree laufen[1]“. Diesen Trockenheiten sind allerdings auch bedeutende Funde zu verdanken. So mancher längst versunkene Einbaum kam so wieder ans Tageslicht, wie in den Trockensommern 1933 bis 1935.

Dem gegenüber standen die fast noch gefährlicheren Hochwasser, die Mensch und Vieh bedrohten. Am 1. April 1691 setzte ein zwei Wochen andauernder Regen ein, der schwere Überschwemmungen zur Folge hatte. Die letzten noch verbliebenen Heuschober des Wintervorrates wurden fortgetragen, viele Tiere konnten nicht mehr versorgt und mussten zum großen Teil geschlachtet werden. Nur zwei Jahre später wiederholte sich der wochenlange Niederschlag, diesmal im Juni. Es konnte kaum Gras gemäht und somit auch kein Heu gemacht werden, eine weitere Hungersnot für Mensch und Tier war die Folge, gepaart mit flächendeckenden Überschwemmungen der Äcker -es konnte weder angebaut noch geerntet werden. Zum Regen kamen noch schwere Unwetter und Stürme. Am 7. Oktober 1702 fielen in weiten Teilen des Spreewaldes Hagelkörner so groß wie Taubeneier. Doch diesmal war wenigstens schon ein großer Teil der Ernte geborgen. Die Winterhochwasser waren weit weniger gefährlich, als die sogenannten “unzeitigen“ Hochwasser, die ganze Jahresernten vernichten konnten. Von 1855 bis 1931 gab es insgesamt 27-mal unzeitiges Hochwasser mit unterschiedlicher Auswirkung auf Mensch und Vieh. Danach waren 1948 und im Juli 1958 noch einmal verheerende Überschwemmungen im Spreewald. Erst mit dem Bau der Staustufen im Spreeverlauf änderte sich die Situation grundlegend. Schlimme Hochwässer sind eigentlich nicht mehr zu befürchten.

Die manchmal sehr strengen Winter waren dagegen leichter zu überstehen, wenn genügend Futter fürs Vieh und Nahrungsmittel für die Menschen bevorratet werden konnten. Das größte Problem war das Trinkwasser. Manchmal waren die Fließe bis auf den Grund gefroren, Eisblöcke mussten geschlagen und in den Häusern aufgetaut werden. Von Neujahr 1876 bis zum 15. Februar war der gesamte Spreewald dauerhaft tiefgefroren. Viele Schlittschuhläufer nutzen die Gelegenheit, um auf den Fließen zwischen Burg und Lübben hin und her zu gleiten. Der Winter 1929 bescherte eine ebenfalls lange und starke Frostperiode, manche fuhren mit dem Auto auf den Fließen durch den Spreewald.

Der Leiper Konsum wird über das Eis versorgt.

Bei allen Extremen sei aber auch daran gedacht, dass die Übergänge von Herbst zu Winter und vom Winter zum Frühling manchmal größere Probleme, oft mehrmals im Jahr, mit sich brachten. Wenn das Eis noch nicht hielt oder nicht mehr hielt, war der Wasserweg nicht nutzbar. Es konnte kein Futter von den Schobern geholt werden, so manche Fahrt ging weder mit dem Kahn noch mit dem Schlitten. Im letzten Jahrhundert, noch bis Ende 1960er Jahre, entbanden die Frauen in Lübbenau. Nahte der Termin, wurden an dem Kahn Kufen angebracht: dort wo bereits das Eis trug, wurde er geschoben. Einbrüche waren damals keine Seltenheit, doch auch so manche Entbindung fand auf dem Kahn statt. Erst mit der Straßenanbindung 1969 änderte sich das auch für die Leiper, andere Orte hatten schon früher Anschluss ans Straßennetz.

 

 

[1] Chronik Leipe, geführt von Georg Staritz

Über Peter Becker 396 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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