Die Rundschau hatte zu „Vor Ort“ in die Kirche Ogrosen eingeladen. Zwei Dutzend Menschen fanden den Weg. Mit warmen Getränken wurde der Aufenthalt im Kalten erträglich gemacht.
„Es ist das Markenzeichen der Kirche: immer kalt, aber immer voller menschlicher Wärme“, ließ gleich zu Beginn Carola Fischer, eine der wesentlichen „Säulen“ der Sanierung, wissen. Die Mezzosopranistin am Cottbuser Staatstheater unterstützt seit Jahren mit ihren Kollegen das Bemühen der Ogrosener, ihre Kirche dem Dorf zu erhalten. Beinahe schon legendär sind ihre Worte von damals geworden: „Ich helfe euch gern, aber dazu brauche ich 1. ein Paar warme Socken, 2. eine Decke und 3. einen Schnaps vor jedem Auftritt!“ Das war das geringste Problem der Akteure um Christel Paulick, die den Sanierungs-Hut aufhatte. Sie sieht sich nicht gern im Mittelpunkt: „Ich bin nur Eine von Vielen, wenn auch mit Visionen, manchmal ein wenig verrückt, manchmal der Verzweiflung näher, als dem Wir schaffen das“, sagt sie zur Eröffnung des Rundschau-Vor-Ort-Termins in der Kirche. Carola Fischer mit ihren Theaterkollegen, die Kreismusikschule unter der Leitung von Ulli Stein – sie alle trugen wesentlich dazu bei, bei den Weihnachtskonzerten ein volles Kirchenhaus zu haben; mit einem entsprechenden Spendenaufkommen im Anschluss.
Die Geschichte der fast abgeschlossenen Kirchensanierung stand im Mittelpunkt des Rundschau-vor-Ort-Termins. Redakteurin Hannelore Kuschy bat die Akteure, ihre Sicht, ihre Erlebnisse zu schildern. Helmut und Siegried Pommerening, eigentlich Tornitzer und konfessionslos, kamen eher zufällig nach der Jahrtausendwende in die Runde – und blieben bis heute. „Ich erinnere mich, dass wir mal zwölf Zentner Kartoffel geschält und gebraten hatten, um unsere zahlreichen Besucher zu beköstigen“, erzählt Helmut Pommerening. Christel Paulick wurde nicht fertig, die Liste der direkten und indirekten Helfer abzuarbeiten. Niemand sollte vergessen, doch längst nicht alle konnten genannt werden. Stellvertretend für die Stillen und Zuverlässigen nannte sie Kurt Thiede. „Er hat in jeder freien Stunde das Kerzenwachs der Jahrhunderte von den Bänken gekratzt, damit irgendwann mal die Farbe haltbar aufgetragen werden kann“, lobte sie seine Arbeit. Ebenso so still und unauffällig, aber völlig überraschend, floss Geld auf das Spendenkonto. Einer Berlinerin, Erika Sticks, fiel eines Tages ein Buch über die Brandenburger Kirchen in die Hände, sie las dort vom Sanierungsbedarf der Ogrosener Kirche und überwies in einem ersten Schritt 10 000 Euro. Später folgten noch weitere und noch größere Summen, fast 200 000 Euro waren es am Ende. Die Wissenschaftlerin, schon schwer krank, wollte ihr in Jahrzehnten angespartes Geld Nutzen bringend angewandt wissen. Bei der Glockenweihe 2010 war sie noch anwesend, verstarb aber bald danach.
Die nicht enden wollenden Beispiele ließ die auf ihrem Stuhl geduldig ausharrende aber leicht bibbernde Carola Fischer (sie sorgte sich um ihre Stimme) zum Singen gegen die Kälte auffordern. Der Altdöberner Horst Bernstein spurtete an die Orgel und gemeinsam wurde dagegen angesungen. Die Ogrosener Helferinnen reichten dazu heiße Getränke. Wie immer nach solchen Veranstaltungen, lagen am Ende einige Scheine und nur wenig Hartgeld im Spendenkorb. Die Vetschauer Siegfried und Gudrun Engelmann sind treue Besucher der Veranstaltungen in der Kirche. „Wir kamen einst über Pommerenigs dazu und halten dem Projekt auch weiterhin die Treue“, sagte Gudrun Engelmann. „Obwohl wir keiner Religion angehören, sehen wir im Erhalt der Kirchen einen wesentlichen Beitrag zur Wahrung unserer Kulturgüter“, ergänzt Siegfried Engelmann. Mit Blick auf die vielen frisch-weißen Wände ergänzte der Vetschauer Maler noch: „Hier könnte Kunst Platz finden, vielleicht spült das am Ende auch noch etwas Geld aufs Spendenkonto.“
Es gibt noch weiterhin zu tun, ließ Christel Paulick schon während der Veranstaltung wissen: „Die Epithapien derer zu Stutterheim an den Wänden müssen noch aufgearbeitet werden – und so langsam müssen wir auch an die Werterhaltung denken, damit alles noch lange Bestand hat.“
Carola Fischer lud zum Weihnachtskonzert am 23. Dezember um 15 Uhr in die Kirche ein, entschuldigte sich aber gleichzeitig dafür, dass sie im Anschluss nicht bleiben können wird: „Ich steh und sing noch am gleichen Abend auf der Cottbuser Bühne – hoffentlich nicht mit erkälteter Stimme!“. „Nicht, Frau Paulick, Sie heizen doch noch?“ ist auch einer ihrer überlieferten Sätze in jedem Jahr zu Weihnachten – wohl wissend, dass das lange Zeit nicht möglich war.
peb1, 10.11.2017
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