Landwirt und Herbergsvater in Costa Rica – ein deutscher Auswanderer hat sich seinen Traum erfüllt

Viehauktion

Ich treffe mich mit Thomas Dase bei einem richtig guten costa-ricanischen Kaffee auf seiner Wohnhausterrasse, die von breiten Bananenwedeln beschattet wird. Der ehemalige Spreewälder aus Vetschau lebt seit fünf Jahren in Costa Rica – und lächelt bei der Frage still in sich hinein. Eigentlich ist die Antwort schon gar nicht mehr nötig: das milde Wetter, die saubere Luft und der Singsang der tropischen Vögel um uns herum und seine beide in der Sonne dösenden Hunde sprechen für sich. Bananen und Apfelsinen gibt es im Überfluss vorm Haus, eine Kuh, Hühner und mehrere Schafe stehen nebenan. Und da gibt es seine Frau,  Ana, eine nicaraguanische Lehrerin die in den Schulen der Umgebung als Englischlehrerin arbeitet. Thomas Dase lächelt noch mehr, als er sagt: „Ich habe alles richtiggemacht. Ich bin raus aus dem deutschen Hamsterrad, aus dem Zwang immer noch mehr zu haben. Ich habe eine wunderbare Frau gefunden und einen völlig neuen Lebensinhalt.“ Die beiden leben sehr einfach, ein Fernsehgerät haben sie nicht. „Wozu? Es verdirbt mit seinen schlechten Nachrichten nur die Stimmung. Schlechtes mag man nicht in Costa Rica, das spricht gegen das Lebensgefühl, was hier Pura Vida heißt – schönes pralles Leben,“ ergänzt er noch. Thomas Dase hat mit Unterstützung zweier deutscher Freunde in den Bergen bei Quesada, in Dulce Nombre, ein zehn Hektar große Finca erworben. Hier haben die drei eine Ferienlodge, die Fina „Dulce Nombre“, mit zwei Wohneinheiten mitten im tropischen Regenwald errichtet. Dem (meist deutschen) Urlauber fehlt es dort an nichts, die Lodge ist gemütlich, hat Strom, Wasser – und Internet. Neben den Südfrüchten vor der Haustür zum Selbsternten versorgt Thomas Dase seine Gäste mit selbstgemolkener Kuhmilch, Joghurt und Eier. Er hält eine Jersey-Kuh, einen Jungbullen, mehrere Schafe und Hühner. Bei den Hühnern kommt es schon mal vor, dass ein Coyote räubert und Verluste im freilaufenden Hühnerbestand verursacht. „Das ist eben so, wenn man mitten im Dschungel Hühner hält, damit muss ich leben“, reagiert der Hobbytierhalter gelassen. Die Nachbarn schauen etwas verwundert auf seine Schafe, denn die haben in Costa Rica keine Tradition. Bei den tropischen Temperaturen wird Wolle ohnehin nicht gebraucht, das Fleisch ist demzufolge auch unbekannt. Wenn Thomas Dase seine Nachbarn mal zur Lammkeule einlädt, ist das für die ein exotisches Mahl. „Es scheint ihnen aber zu schmecken – jedenfalls sagen sie mir das so“, erzählt er und ist sich somit seiner etwas anderen Rolle unter den Tierhaltern seiner Umgebung bewusst. Diese halten meist Rinder, um Milch zu produzieren. Schon Farmen mit ca. 200 bis 300 Tieren zur Milchproduktion oder Mast sind eine solide Geschäftsgrundlage und sichern sehr gute Erträge. Die Milch wird mit sicheren Ankaufsverträgen zu guten Konditionen von den verschiedenen Kooperativen aufgekauft und in deren Molkereien verarbeitet. Sie kommt meist aus der Region um Ciudad Quesada (was übersetzt „Käsestadt“ bedeutet) in die Geschäfte.  Melkställe mit computergesteuerter, hochsensibler Melktechnik gibt es nicht.

Obwohl das Einkommensniveau sehr niedrig ist (im Durchschnitt 400 EUR monatl.), kostet ein Liter Milch derzeit umgerechnet 86-90 Eurocent. Die Menschen zahlen diesen Preis, denn Milch wird dort als ein sehr wertvolles Lebensmittel angesehen!

Viehmärkte sind ein wöchentliches Ritual

Mehrmals wöchentlich werden in Costa Rica Viehauktionen, Subastas genannt, abgehalten. Lastwagen für Lastwagen bringen Kühe der verschiedenen Rassen und Pferde, ab und zu auch mal  Wasserbüffel. Landwirte und Käufer treffen sich, um einen Preis zu erzielen, der beiden gerecht wird. Der Auktionator nimmt mit sich überschlagender Stimme die Angebote entgegen und in weniger als einer Minute wechselt das Tier seinen Besitzer. Thomas Dase lächelt: „Da muss man sich auch als Besucher gut vorsehen: Wenn man zufällig die Hand hebt, kann es passieren, dass man mit einer Kuh heimkommt!“ Auf den meist abgelegenen Bergweiden finden die Tiere nahrhaftes Futter, wegen der ganzjährigen Vegetation ist eine Bevorratung mit Futter meistens überflüssig. Gauchos treiben die Herden von Weide zu Weide. Dabei kommt manchmal der Straßenverkehr kurzzeitig zum Erliegen – der Tico, wie sich der Costa Ricaner selbst nennt, nimmt’s gelassen hin.

In den Ananas- und Zuckerrohrplantagen arbeiten nicaraguanische Arbeiter, oft als geduldete Illegale im Land lebend, für sehr wenig Geld. Die Plantagen haben riesige Ausmaße, der Ernteerfolg wird mit viel Chemie gesichert. „Es ist eben so, es geht nicht anders“, lautet die allgemeine Auffassung. Neuerdings müssen auch die Kaffeeplantagen mit chemischen Mitteln „gerettet“ werden, denn die globale Erwärmung führt in den sonst kühleren Höhenlagen zum Pilzbefall der Kaffeebohnen. Thomas Dase über seine inzwischen fünfjährigen Erfahrungen in Costa Rica: „Natürlich gibt es auch große Probleme im Land. So ist der Preisdruck der internationalen Agrarmärkte in seinen Auswirkungen deutlich zu spüren, Lebenshaltungskosten steigen, am Gesundheitssystem wird gespart, aber anders als in anderen lateinamerikanischen Ländern gibt es hier wenigstens eins. Die karibische Mentalität mit ihrer Ruhe, und Gelassenheit zwingt einen ihren Rhythmus auf, damit muss man arbeiten und leben lernen – oder eben wieder gehen.“

Finca Dulce Nombre: www.finca-dulce-nombre.de

Peter Becker, 10.01.17

 

Über Peter Becker 361 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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