Der Tragling

Der fröhliche Tragling

Luisa Fröhlich treibt es an, sie will zurück zu den Wurzeln. Es ist die Geschichte der Menschheit, im Speziellen deren Art und Weise der Kinderbetreuung, fern einer Rundum-Versorgung, fern moderner Hilfsmittel der heutigen Zeit. „Für mich ist das Neumodische in der Kindererziehung stark zu hinterfragen, es unterliegt eher wirtschaftlichen Zwängen, als dass es dem Kindeswohl dient!“, ist Luisa Fröhlich fest überzeugt. Dazu gehört auch das Tragen der Säuglinge, was Jahrtausende der Fall war und in vielen Nationen immer noch der Fall ist. „Nicht das glücklicherweise immer stärker aufkommende Tragetuch ist etwas Neumodisches, sondern der Kinderwagen!“

Luisa Fröhlich, eine 29-jährige Byhleguhrerin, hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau dies aufzugreifen und in die heutige Zeit zu übertragen. Sie hat gefragt und gelesen, Quellen studiert und sich ein Bild gemacht. „Der Kinderreichtum, die schwere Arbeit auf den Feldern und das Fehlen einer allgemeinen Fürsorge haben es den Familien und besonders den Frauen damals nicht leicht gemacht. Aber sie hatten andererseits die Generationen-Unterstützung, Hilfe durch ältere Geschwister und Wissen über Naturheilverfahren – Dinge, die es heute oft nicht mehr gibt“, lautet ihre Erkenntnis. Vieles greift sie auf, überträgt es auf heutige Lebensformen und gibt es an junge Familien weiter. Ein sichtbarer Ausdruck ist die Rückkehr zur alten Trageweise der Säuglinge. Sie propagiert das Tragen von Babys ganz so, wie es überliefert ist und noch heute in vielen Ländern der Welt Alltag ist. Das Kind wird aufrecht getragen, es hat engen Kontakt zur Mutter und bekommt deren Wärme übertragen und es unterstützt auf ganz natürliche Art die Hüftreifung.

Luisa Fröhlich ist ausgebildete Sozialpädagogin und hat sich in zahlreichen Kursen weitergebildet. Sie zeigt den werdenden Müttern nicht nur, wie das Tuch gebunden und getragen wird, sondern hat ein Rundum- Hilfs- und Unterstützungsprogramm für junge Familien entwickelt. Dazu gehört neben Sport und Fitness die Vermittlung der reflexbasierten Dunstan Babysprache. „Alle Babys auf der Welt ‚sprechen‘ unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft die gleiche Sprache und vermitteln sich so ihrer Umwelt – und das sind nur fünf Reflexe: Müdigkeit, Hunger, Bauchweh, Aufstoßen müssen und Unwohlsein. Man(n)/Frau muss es nur verstehen“, sagt Luisa Fröhlich. Ihren Namen hat die Babysprache von der australischen Violinistin Priscilla Dunstan, die ihr ausgezeichnetes Gehör nutzte, um die Babylaute zu analysieren. „Was hat er denn der Kleine…?“ könnte bei einem weinenden Säugling von geschulten Elternohren verstanden werden – geschult von Luisa Fröhlich.

Sie vermittelt ihr Wissen in Kursen, sie betreut Familien vor Ort und steht jederzeit beratend zur Seite. „Eine Zeit lang liefen diese Beratungen mehr online, aber nach den Lockerungen kann ich auch wieder in die Familien gehen. Der direkte Kontakt ist durch nichts zu ersetzen!“ Sie unterstützt Hebammen, die ohnehin oft am Limit arbeiten müssen, in der Schwangerschaft und in den ersten Lebenswochen der Kinder. Die Hartmannsdorferin Nicole Schulz hat sich bei ihr Rat geholt: „Sehr kompetent hat sie mich während der Umstellung auf Babybrei begleitet – mein Okko hat keinerlei Probleme bekommen!“

Die Spreewaldhebamme Edith Ballenthin aus Lübbenau: „Ich bin ein großer Fan des Tragens und wende es regelmäßig selbst in meiner Hebammenarbeit an. Luisa ist zu meiner Trageberaterin des Vertrauens geworden und in meinem Kurs räumt sie regelmäßig mit typischen Vorurteilen auf. Mit Hingabe und Enthusiasmus zeigt sie die verschiedenen Trageweisen, zieht ein Tuch und eine Tragehilfe nach der anderen aus ihrer Tasche. Ich freue mich immer wieder aufs Neue, Luisa und ihren bunten Stoffhaufen in meinem Kurs dabei zu haben“.

Die Stoffe haben es ihr ohnehin angetan. In Neuzelle aufgewachsen, ist sie mit der Tracht der Sorben und Wenden zwar nicht ganz so vertraut, aber durch ihren Umzug nach Byhleguhre („der Liebe wegen“) hat sich das spürbar verändert. Sie ist zur Trachtenträgerin geworden und bezieht nun auch das Tragetuch ein. „Manch Spreewälder Bursche und manche Spreewälderin, eigentlich alle, haben im Tragetuch die ersten Wochen und Monate ihr Umfeld, den Spreewald, entdeckt“, ist sich Luisa Fröhlich sicher. Was ihr fehlt, ist überliefertes Wissen zur Trageweise – gern möchte sie das speziell „Spreewäldische“ mit in ihr Programm aufnehmen und sucht weiter nach geeigneten Stoffen.

www.froehlicher-tragling.de

Peter Becker, 12.07.2020

Über Peter Becker 359 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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