Raddusch – ein Spreewalddorf mit Aufwind

Radduscher Fastnachtszug

Raddusch (wend. Raduš) liegt am südwestlichen Rand des Spreewaldes und gehört seit 2004 zur Stadt Vetschau. Eine erste urkundliche Erwähnung ist aus dem Jahr 1294, hier noch Radiß genannt. Andere Quellen führen 1355 an, die Siedlung ist aber nachweislich wesentlich älter. Die ringförmige Slawenburg Raddusch ist aus dem 9. Jahrhundert und diente den damaligen Bewohnern als Schutzwall vor den deutschen Heerscharen, die die Lausitz gewaltsam der Christianisierung unterwarfen. Am historischen Platz entstand 2003 die neue Slawenburg, in ihrem Inneren beherbergt sie eine Ausstellung zur Braunkohlenarchäologie.

In der Niederlausitz, zu der der Spreewald gehört, bevorzugt die sorbischstämmige Bevölkerung für sich den Wendenbegriff, eine eingedeutsche Bezeichnung. In den Schulen und einigen Kindertagesstätten der Region, darunter auch die Radduscher KITA, wird die sorbisch/wendische Sprache vermittelt. Der Kinder der Einrichtung sind in einem Waldprojekt integriert. Der Radduscher Heimat- und Trachtenverein organisiert jährlich die Bräuche des Winteraustreibens, das Zampern und die Fastnacht (wend. Zapust). Kinder und Erwachsene verkleiden sich beim Zampern in möglichste schreckliche Gestalten, die den Winter den Garaus machen sollen. Sie ziehen von Haus zu Haus und vertreiben mit Gejohle und lauter Musik den Winter aus den letzten Winkeln. Dafür werden sie mit Eiern, Speck oder auch Geld belohnt. Am Abend werden die daraus gefertigten Eierplinsen gemeinsam verzehrt, das Geld dient der Bezahlung der Blaskapelle. Beim Fastnachtsumzug ziehen die Frauen ihre schönsten Trachten an, die Männer sind im schwarzen Anzug mit Blumen am Revers unterwegs. Beim gemeinsamen Zug durchs Dorf wird verdienstvollen Bürgern gedankt.

Raddusch war früher ein reines Bauerndorf mit etwas Handwerk. Die Ernte, besonders das Gemüse darunter die bekannten Gurken, wurden bis nach Berlin mit dem Kahn gefahren – eine tagelange Abwesenheit vom Hof war die Folge. Mit dem Bau der Cottbus-Berliner Eisenbahn 1864 mit Halt in Raddusch verkürzte sich der Weg auf wenige Stunden. Dieser Umstand und der anbrechende Tourismus aus Richtung Berlin führte innerhalb weniger Jahrzehnte dazu, dass Raddusch ein wohlhabendes Dorf wurde. Erst die Kriege unterbrachen den Fortschritt, der Tourismus kam eine Zeit lang zum Erliegen.

In Raddusch gibt es einen immer größer werdenden touristischen Dienstleistungssektor. Zahlreiche Übernachtungsbetten stehen zur Verfügung, es gibt gastronomische Betriebe, Fahrrad- und Paddelbootverleiher sowie einen Kremserbetrieb. Beliebt sind die Kahnfahrten aus dem Naturhafen, weil es noch keinen Massentourismus gibt und die Routen abseits der vielbefahrenen Strecken liegen. Zahlreiche Fahrradtouristen machen im Ort Station, kehren ein oder schauen sich im Hofladen um. In Raddusch ist der Start zum Moorlehrpfad, innerhalb des Ortes gibt es geführte Geschichtswanderungen. Die bereits oben erwähnte Slawenburg zieht ebenfalls Besucher an.

Das klassische Gewerbe, die Landwirtschaft, der Gurken- und Flachsanbau, ist dagegen eher rückläufig. Es gibt noch größere Bauernwirtschaften, aber nicht mehr die dorfprägenden Kleinbetriebe. Als Ausgleich wurde in Bahnhofsnähe ein Gewerbegebiet erschlossen. Hier haben sich ein Gewächshausbetrieb, eine Fischräucherei, Bau- und Servicebetriebe angesiedelt. Raddusch profitiert hierbei von seiner sehr guten Infrastruktur mit Bahn-, Landesstraßen- und Autobahnanbindung.

Seine überregionale Bekanntheit hat Raddusch auch einem eher wenig auffälligen Umstand zu verdanken. Engagierte Radduscher haben an einem Storchennest eine Livekamera installiert, sie zeigt Bilder aus dem Storchenleben während der Brutzeit. Mehrere Horste gibt es in Raddusch, der Ort nennt sich deshalb auch gern Storchendorf.

www.raddusch-spreewald.de

Über Peter Becker 361 Artikel
Jahrgang 1948, Diplomlehrer, Freier Journalist und Fotograf

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